Inhaltsverzeichnis
- Reisegewerbe: Definition
- Handwerk und Reisegewerbe
- Vorteile und Nachteile
- Voraussetzungen
- Reisegewerbe ohne Reisegewerbeschein
- Reisegewerbe anmelden
- Kosten
Das Reisegewerbe: Definition und Fakten
Das Reisegewerbe ist keine Branche im eigentlichen Sinne. Vielmehr handelt es sich um einen Begriff, der die Art und Weise beschreibt, mit der eine bestimmte selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Hierunter fallen Gewerbe, die an keinen festen Standort gebunden sind und deren Geschäftstätigkeit außerhalb von Geschäftsräumen stattfindet. Früher war das Reisegewerbe auch bekannt unter den Namen Wandergewerbe oder ambulantes Gewerbe.
Andreas Munck
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Als Reisegewerbetreibender gilt, wer selbständig oder unselbständig Waren verkauft, Bestellungen entgegennimmt oder ankauft. Auch, wenn er oder sie Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistung annimmt, gilt dies als Tätigkeit des Reisegewerbes. Darüber hinaus zählen auch Personen zu den Reisegewerbetreibenden, die eine so genannte unterhaltende Tätigkeit ausüben. Damit sind beispielsweise Schausteller gemeint, die in Ihrem eigenen Zirkus oder nach Schaustellerart arbeiten.
Neben dem Reisegewerbe existieren in Deutschland noch das stehende Gewerbe und das Marktgewerbe. Alle drei Gewerbearten sind in der Gewerbeordnung (GewO) §§ 55 ff. geregelt. Zu den bekanntesten selbständigen Tätigkeiten im Reisegewerbe zählen Vertreter, die von Haustür zu Haustür gehen, um ihre Produkte zu verkaufen oder Bestellungen aus einem Warenangebot entgegen zu nehmen. Oft ist in diesem Zusammenhang auch die Rede von sogenannten „Haustürgeschäften“. Ein typischer Beruf im Reisegewerbe ist auch der Standverkauf auf der Straße.
Die Ausübung bestimmter Tätigkeiten ist im Reisegewerbe jedoch untersagt. Hierzu zählt beispielsweise der Verkauf von giftigen Stoffen, Wertpapieren oder Lotterielosen. Des Weiteren dürfen Reisegewerbetreibende keinen Handel mit Edelsteinen oder Waffen betreiben.
Reisegewerbe in der Handwerksbranche
Reisegewerbe können auch in der Handwerksbranche ausgeübt werden, mit Ausnahme von handwerklichen Berufen im Gesundheitsbereich und der Gold- und Silberschmiedekunst. Oft wird die Anmeldung eines Reisegewerbes genutzt, um ohne Meisterbrief selbständig tätig zu werden. So kann also das Meisterzwang einiger Handwerksbranchen umgangen werden.
Während der Handwerksnovelle im Jahr 2004 forderte der Bundesrat, dass für die Handwerksausübung im Reisegewerbe ein Meisterzwang beschlossen werden sollte. Diese Forderung setzte sich jedoch nicht durch. Für Selbständige im Handwerk mit Reisegewerbe gilt also nach wie vor kein Meisterzwang.
Vorteile und Nachteile im Reisegewerbe
Vorteile Reisegewerbe | Nachteile Reisegewerbe |
Keine Bürokosten | Keine Büro- und Lagerräumlichkeiten |
Nicht standortgebunden | Zusätzliche Auflagen und Einschränkungen durch das Ordnungsamt können sich nachteilig auf den Geschäftsbetrieb auswirken |
Nicht zielgruppengebunden durch Flexibilität und Mobilität des Reisegewerbetreibenden | Es wird viel Zeit für das „Reisen” benötigt, in welcher kein Gewinn generiert werden kann |
Termintreue liegt beim Reisegewerbetreibenden | Zusätzliche Kosten für Reparaturen und Instandhaltung des Fahrzeugs des Reisegewerbetreibenden |
Kein Meisterzwang | Durch tägliche Nutzung schnellerer Fahrzeugverschleiß |
Reisegewerbe für Voraussetzungen
Damit Sie im Reisegewerbe tätig sein dürfen, benötigen Sie je nach gewählter Branche eine Erlaubnis wie eine Standerlaubnis des Ordnungsamts und eine Reisegewerbekarte (auch Reisegewerbeschein genannt). Die Reisegewerbekarte wird beim zuständigen Gewerbeamt beantragt. In einigen Fällen kann es auch notwendig sein, Sondergenehmigungen des zuständigen Bauamts einzuholen.
In der Regel ist die Dauer der Gültigkeit des Reisegewerbescheins unbegrenzt, auf Antrag kann diese jedoch auch mit einer zeitlichen Begrenzung (z. B. ein Jahr) ausgestellt werden. Eine befristete Reisegewerbekarte bietet sich beispielsweise an, wenn Sie nur vorübergehend im Reisegewerbe tätig sein wollen. Die Reisegewerbekarte ist im Übrigen an Angestellte und Arbeitnehmer übertragbar.
Das Gewerbeamt stellt die Reisegewerbekarte unter Umständen nur mit Auflagen und Einschränkungen aus. In der Regel dienen diese Sonderregelungen zum Schutze der Allgemeinheit und insbesondere des Verbrauchers.
Reisegewerbe ohne Reisegewerbeschein
In einigen Ausnahmefällen ist kein Reisegewerbeschein für die Ausübung einer Tätigkeit notwendig. Zu den Ausnahmen zählen folgende Tätigkeiten:
- Aussteller: Wenn Sie nur gelegentlich auf Messen, Ausstellungen, öffentlichen Festen oder ähnlichen Veranstaltungen tätig sind.
- Hausgemachtes: Wenn Sie selbst erwirtschaftete Ware aus der Land- und Forstwirtschaft wie Obst, Gemüse, Geflügel verkaufen oder Produkte aus der Imkerei, Jagd oder Fischerei vertreiben.
- Beschränkung auf Wohnort: Wenn Sie eine Tätigkeit in der gleichen Gemeinde ausüben, in der Sie auch Ihren dauerhaften Wohnsitz haben, sofern die Einwohnerzahl der Gemeinde 10.000 nicht überschreitet.
- Milchwaren: Wenn Sie Milch oder Milcherzeugnisse vertreiben, die in § 4 des Milch- und Margarinegesetzes geregelt sind.
- Versicherungsvertreter: Wenn Sie Versicherungen oder Bausparverträge gemäß § 34d Abs. 3, 4 und 5 abschließen oder wenn Sie eine beratende Funktion als Versicherungsvertreter gemäß § 34e in Verbindung mit § 34d Abs. 5 ausüben.
- Lebensmittel: Wenn Sie regelmäßig Lebensmittel oder andere Ware des täglichen Bedarfs von der gleichen nicht ortsfesten Stelle verkaufen.
- Drucke: Wenn Sie auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen Plätzen Druckwerke vertreiben.
Unter gewissen Umständen lehnt das Gewerbeamt den Antrag auf Ausstellung einer Reisegewerbekarte ab, wenn beispielsweise der zuständige Sachbearbeiter der Meinung ist, dass der Antragssteller unzuverlässig ist. Auch wenn eine Vorstrafe vorliegt oder der Antragsteller unter Polizeiaufsicht steht, ist es möglich, dass der Antrag abgelehnt wird.
Während der Gewerbetreibende die selbständige Tätigkeit ausübt, muss er den Reisegewerbeschein stets mit sich führen. Kann er den Schein bei einer Kontrolle nicht vorzeigen, muss er mit einem Bußgeld rechnen.
Reisegewerbe anmelden
Wie jedes andere Gewerbe, müssen Sie auch Ihr Reisegewerbe beim Gewerbeamt anmelden. Zur Anmeldung müssen Sie ein aktuelles Führungszeugnis vorlegen sowie einen Handelsregisterauszug, falls Ihr Unternehmen einen Eintrag besitzt. Ob Ihr Unternehmen ins Handelsregister eingetragen werden muss, hängt von der Rechtsform ab, die Sie für Ihr Reisegewerbe gewählt haben.
Für die Anmeldung ist außerdem ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister notwendig sowie ein aktuelles Lichtbild von Ihnen. Je nach Branche, in der Sie tätig sein wollen, sind gegebenenfalls weitere Bescheinigungen oder Zeugnisse erforderlich wie beispielsweise eine Bescheinigung nach dem Impfschutzgesetz, wenn Sie ein Gewerbe mit Lebensmittelvertrieb ausüben wollen.
Kosten für das Reisegewerbe
Für die Anmeldung Ihres Gewerbes beim Gewerbeamt wird eine Bearbeitungsgebühr fällig. Darüber hinaus müssen Sie die Kosten für die Beantragung des Reisegewerbescheins mit einplanen. Je nach der Tätigkeit, die ausgeübt werden soll und der Dauer der Gültigkeit kostet die Reisegewerbekarte zwischen 30 und 400 Euro. Stellen Sie einen Antrag auf einen befristeten Reisegewerbeschein, sind die Kosten geringer.