Inhaltsverzeichnis
- Der Meisterbrief: Allgemeines
- Übersicht Handwerksberufe mit u. ohne Meisterzwang
- Gründen ohne Meisterbrief
- Vor- und Nachteile ohne Meister
Der Meisterbrief: Allgemeines
In Berufen aus dem handwerklichen Bereich gilt der Meisterbrief als die höchste zu erreichende Qualifizierung. Der Meisterbrief ist der Nachweis über eine erfolgreich abgelegte Prüfung in einem bestimmten handwerklichen Beruf und bescheinigt umfassende fachtechnische, berufspädagogische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Kurz gesagt: Wer einen Meisterbrief besitzt, ist Spezialist auf seinem Fachgebiet in Theorie und Praxis. Gleichzeitig sind Meister dazu qualifiziert, ein Unternehmen aufzubauen und eine Ausbildung anzubieten. Mit dem Erhalt der Urkunde erhalten Meister die Berechtigung für folgende Schritte:
- Beginn einer selbständigen Tätigkeit im entsprechenden Handwerk
- Eintragung in die Handwerksrolle
- Berufsausbildung
Handwerksberufe ausüben mit oder ohne Meisterzwang?
Seit im Januar 2004 eine neue Regelung in der Handwerksverordnung aufgenommen wurde, ist der Meisterbrief für die Gründung eines eigenen Betriebs nicht mehr zwingend erforderlich. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Handwerksbetrieb auch ohne Meisterbrief gegründet werden beziehungsweise kann die Meisterpflicht umgangen werden, beispielsweise durch eine Anerkennung nach Berufsjahren.
Wie bei jeder anderen Gründung müssen auch im handwerklichen Bereich besondere Anforderungen erfüllt werden. Zum Beispiel sollten Sie sich vor der Gründung ausführlich darüber informieren, ob in dem von Ihnen gewählten handwerklichen Bereich eine Meisterpflicht besteht oder nicht. Denn viele Handwerksbetriebe dürfen nur gegründet werden, wenn der Gründer eine Meisterprüfung erfolgreich in dem entsprechenden Bereich abgelegt hat. Ob Ihr Handwerksberuf zu den zulassungsfreien, meisterpflichtigen oder handwerksähnlichen Berufen zählt, können Sie in der folgenden Tabelle einsehen oder auf der Homepage der für Ihre Region zuständigen IHK nachlesen.
Meisterpflichtige Berufe | Zulassungsfreie Berufe | Handwerksähnliche Berufe |
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* Seit 2020 gilt diese für Berufe wieder Meisterpflicht.
Handwerksbetrieb gründen in zulassungsfreien Berufen
Bei den zulassungsfreien Handwerksberufen handelt es sich oft um Berufe aus den künstlerischen und gestalterischen Bereichen (beispielsweise Musik, Architektur, Theater, etc.). Auch Tätigkeiten, die bei falscher Ausübung keine unmittelbare Gefahr für die Kunden darstellen, sind in der Regel zulassungsfrei. Zum Beispiel wäre es möglich, einen Friseursalon ohne Meister zu eröffnen und auch die Gründung eines Malerbetriebs ist ohne Meisterbrief zulässig – unter bestimmten Voraussetzungen. Hingegen sind Berufe, bei denen durch die nicht fach- und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit eine Gefahr für den Kunden besteht, mit der Pflicht zum Meisterbrief verbunden.
Gewerbe gründen ohne Meisterbrief
Obwohl bei der Gründung eines handwerklichen Betriebs für viele Handwerksberufe eine Meisterpflicht besteht, ist es möglich, einen Betrieb auch ohne Meistertitel zu gründen. Wer beispielsweise einen Meister als technischen Betriebsleiter anstellt, der kann einen handwerklichen Betrieb eröffnen, ohne selbst einen Meistertitel zu besitzen.
Handwerksbetrieb als Geselle gründen
Gemäß der Handwerksordnung (HwO) gibt es auch die Möglichkeit, einen Betrieb als Geselle zu gründen, wenn einige Vorschriften aus der HwO eingehalten werden. So ist es zulässig, den fehlenden Meisterbrief durch andere Ausbildungen auszugleichen. In diesem Fall erhält der Betrieb beziehungsweise der Geschäftsführer eine sogenannte Ausübungsberechtigung. Mit dieser Berechtigung erhält der Unternehmer gemäß der HwO die Erlaubnis, den Betrieb auch ohne Meisterbrief zu führen. Mit einer der drei folgenden Varianten, die in drei Paragrafen der HwO geregelt sind, lässt sich die Meisterpflicht rechtskräftig umgehen:
Ausübungsberechtigung/ Altgesellenregelung
Gemäß HwO § 7b erhält ein Betrieb die Ausübungsberechtigung, wenn der Gründer die Gesellenprüfung erfolgreich abgelegt und darüber hinaus mindestens sechs Jahre Berufserfahrung hat, von denen er mindestens vier Jahre in einer leitenden Position mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen angestellt war. Außerdem muss er das entsprechende betriebswirtschaftliche und juristische Know-how nachweisen können. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, wird die Ausübungsberechtigung erteilt. Bekannt ist diese Variante auch unter dem Namen „Altgesellenregelung“. Sie ersetzt den Meisterbrief.
Unzumutbare Belastung
Gemäß HwO § 8 muss ein Unternehmer, der sich im handwerklichen Bereich selbständig machen möchte, alle Voraussetzungen aus HwO § 7b erfüllen. Darüber hinaus muss er glaubhaft erläutern, warum eine Ausbildung zum Meister und das Ablegen der Meisterprüfung für den Unternehmer zum Zeitpunkt der Antragsstellung und auch in Zukunft eine unzumutbare Belastung darstellen würde.
Anerkennung
Der § 9 der Handwerksordnung bezieht sich auf Personen, die keine EU-Bürger sind. Wenn sie eine EU-Bescheinigung aus ihrem Heimatland vorlegen können, mit der sie ihre Berufsqualifikation in einem bestimmten handwerklichen Bereich nachweisen können, kann ihnen erlaubt werden, einen gewerblichen Handwerksbetrieb zu eröffnen. Die Ausübungsberechtigung wird bei der zuständigen Handwerkskammer beantragt. Der Antrag muss in schriftlicher Form eingereicht werden und kann in der Regel über E-Mail erfolgen. Zusammen mit dem Antrag für die Ausübungsberechtigung müssen alle erforderlichen Nachweise eingereicht werden, mit denen Sie unter anderem Ihre Berufserfahrung bescheinigen.
Bei einigen Handwerksberufen ist die Betriebseröffnung ohne Meistertitel jedoch gänzlich ausgeschlossen. Hierzu zählen Hörgeräteakustiker, Augenoptiker, Zahntechniker, Schornsteinfeger, Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher. In diesen Berufen muss anhand des Meisterbriefes nachgewiesen werden, dass der Inhaber des Betriebs über einen gewissen Kenntnisstand in dem jeweiligen Bereich verfügt.
Übernahme eines Handwerkbetriebs
Wer keinen neuen Handwerkbetrieb gründen, sondern einen bereits bestehenden Betrieb übernehmen will, der braucht hierfür nicht zwangsläufig einen Meistertitel. Da Handwerksbetriebe in der Regel an Mitarbeiter mit langjähriger Berufserfahrung übergeben werden, bei welchen die Berufserfahrung den Meisterbrief ersetzt. Der Vorteil einer Betriebsübernahme ist, dass es bereits einen bestehenden Kundenstamm gibt und das Unternehmen nicht erst von Grund auf aufgebaut werden muss.
Selbständig ohne Meisterbrief: Die Vor- und Nachteile
Die Möglichkeit, einen Handwerksbetrieb auch ohne Meisterbrief zu eröffnen, besteht erst seit Januar 2004, als die Handwerksordnung überarbeitet wurde. Seit der Neuerung in der HwO werden mehr Handwerksbetriebe gegründet als je zuvor. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Ausbildung zum Meister viel Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Mit der Änderung in der HwO können sich viele Gründer nun die Kosten und die Zeit für die Meisterausbildung sparen. Es ist nicht möglich, den Meister als Bachelor anerkennen zu lassen oder umgekehrt.
Der große Nachteil ist jedoch, dass sich nur die Betriebe „Meister-Betrieb“ nennen dürfen, die tatsächlich von einem Meister geführt werden. Nach wie vor verbinden viele Menschen exzellente fachliche Kompetenz und den höchsten Qualitätsstandard mit dem Begriff „Meister“. Betriebe ohne Meister haben es demnach häufig schwerer, sich am Markt gegen die Wettbewerber in ihrer Branche durchzusetzen.