Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) vs. EU-Recht

aktualisiert am 1. Oktober 2024 3 Minuten zu lesen
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Rechtsanwältin Mareike Luther informiert zu derzeitigen Entwicklungen um die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und der Einschätzung der Europäischen Kommission.

In Deutschland unterliegt die mit dem Architekten bzw. Ingenieur zu vereinbarende Vergütung einem verbindlichen Preisrecht, welches in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt ist. Darin sind Mindest- und Höchstsätze festgelegt. Unterschreitungen der in der HOAI festgelegten Mindestsätze oder Überschreitungen der Höchstsätze der HOAI sind nur in Ausnahmefällen rechtlich zulässig. Sinn und Zweck dieser verbindlichen Preisregelungen ist es, auf der einen Seite dem Architekten bzw. Ingenieur ein auskömmliches Honorar und auf der anderen Seite dem Bauherrn die Qualität der Leistung zu sichern. Der Wettbewerb soll nicht auf Preisebene, sondern allein in der Qualität der Arbeit stattfinden.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission verstoße die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gegen EU-Recht, weil sie sowohl die Niederlassungsfreiheit als auch die Möglichkeit, Preise frei zu vereinbaren, behindere. Die zuständige EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska sieht in der HOAI unnötige Beschränkungen um das Beste aus dem Binnenmarkt für professionelle Dienstleistungen zu machen. Diese versteckten Barrieren seien diskriminierend, nicht notwendig und unverhältnismäßig. Sie hat am 18. Juni 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und der Bundesrepublik zwei Monate Zeit gegeben, um der Kommission mitzuteilen, welche Maßnahmen zur Behebung dieses Problems ergriffen wurden.

Die Bundesregierung ist dem Aufforderungsschreiben der EU-Kommission vom 18. Juni 2015 in einer ausführlichen Begründung entgegengetreten und hat deutlich gemacht, dass die HOAI für die Qualität und damit auch für den Verbraucherschutz von erheblicher Bedeutung ist. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die HOAI bereits mit den Novellen von 2009 und 2013 an europäische Anforderungen angepasst wurde und dass es sehr fraglich sei, ob die Kommission überhaupt so tief in das Recht ihrer Mitgliedsstaaten eingreifen darf. Zudem gäbe es keine milderen Mittel, die Qualität von Planungsleistungen im Interesse des Verbrauchers präventiv sicher zu stellen. Auch spreche hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit die Realität eine andere Sprache als von der Kommission behauptet: So sei in Deutschland die Zahl der Architekturbüros von 35.021 (2008) auf über 41.117 (2014) gestiegen. Allein diese Zahlen belegten, dass die HOAI kein Hindernis darstelle, sich in Deutschland niederzulassen – weder für In- noch für Ausländer.

Von dieser Stellungnahme hat sich jedoch die Kommission nicht überzeugen lassen und hat am 25.02.2016 eine sogenannte „begründete Stellungnahme“ als 2. Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland vorgelegt. Reagiert die Bundesregierung auf diese Stellungnahme nicht innerhalb von zwei Monaten, kann die Kommission den EuGH anrufen.

Es bleibt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof dann in dieser spannenden Frage entscheiden wird.

Autor: Mareike Luther

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