Der Unterschied zwischen Rücklagen und Rückstellungen

Rücklagen und Rückstellungen sind nicht dasselbe. Nicht nur wer Bilanzen erstellt, sollte die Unterschiede zwischen diesen bilanzrechtlichen Begriffen genau kennen.

 

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Überblick der wichtigsten Unterschiede

Rücklagen erfüllen eine ähnliche Funktion wie Rückstellungen, sind jedoch nicht dasselbe. Beide sind zwar finanzielle Polster, buchhalterisch jedoch sehr unterschiedlich abzurechnen. Der Unterschied zwischen Rücklagen und Rückstellungen liegt in folgenden Punkten:

Rücklagen Rückstellungen
Bilanzseite  nur offene Rücklagen: Eigenkapital Fremdkapital
Verpflichtung ja (Kapitalgesellschaften, je nach Gesetz und Satzung) sobald die Situation es erfordert (z. B. bei Resturlaub oder Altersvorsorge)
Fester Zweck  nein, Einsatzmöglichkeiten variabel ja
Auswirkung bei Erfolg  erfolgsneutral gewinnmindernd

Bei Rücklagen wird zusätzlich zwischen offenen und stillen Rücklagen unterschieden. Während offene Rücklagen in der Bilanz auf der Seite des Eigenkapitals aufgeführt werden, sind stille Rücklagen für die Bilanz irrelevant. Ähnlich wie die Rücklagen funktioniert der sogenannte „Sonderposten mit Rücklagenanteil”, der in §§ 273, 247 III HGB definiert ist.

 

Was sind Rücklagen?

Rücklagen zählen zum Eigenkapital eines Betriebs und dienen als finanzielles Polster für Ihr Unternehmen, auch um das Kapital der Anteilseigner zu schützen. Rücklagen werden aus Gewinnen gebildet. Zum Teil sind Kapitalgesellschaften zur Rücklagenbildung verpflichtet, entweder per Gesetz oder Satzung. Personenhandelsgesellschaften hingegen müssen keine Rücklagen bilden, auch weil die persönliche Haftung bestimmter Gesellschafter im Vorhinein eingeschränkt ist. Es ist zwischen offenen und stillen Rücklagen zu unterscheiden.

Offene Rücklagen

Offene Rücklagen gehören zur Passivseite der Bilanz und werden auf der Passivseite getrennt vom “gezeichneten Kapital” ausgewiesen, das eine konstante Größe bildet. Sie zählen zum Eigenkapital des Unternehmens und werden für einbehaltene Gewinne gebildet. Dabei sind sie variabel in der Verwendung des Gewinns oder im Verwendungszweck. Sie dienen der Deckung zukünftiger Zahlungen und sind zusätzliches Haftungskapital, weil sie zum Eigenkapital gezählt werden. Im Verlustfall werden sie vor dem gezeichneten Kapital zur Abdeckung der Variante herangezogen.

Stille Rücklagen

Stille Rücklagen (Reserven) sind erfolgsneutral und werden nicht in der Bilanz aufgeführt. Sie entstehen sowohl durch die Unterbewertung von Aktiva bzw. Überbewertung von Passiva als auch durch Ausschöpfung von Passivierungswahlrechten und Nicht-Aktivierung von Vermögensgegenständen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Vermögensgegenstände mit einem in Relation zum Veräußerungszeitwert niedrigeren Wert auf der Aktivseite der Bilanz  angesetzt werden. Weil durch die Rücklagenbildung die Ausschüttung der entsprechenden Beträge gebremst wird, wird die Eigenkapitalbasis des Unternehmens gestärkt. Dann stehen die verbleibenden Mittel für Investitionen oder zur Rückzahlung von Fremdkapital zur Verfügung.

Des Weiteren existiert der sogenannte „Sonderposten mit Rücklagenanteil”, der in §§ 273, 247 III HGB definiert ist. Die Grundlage dafür sind steuerliche Wertsätze, die zur zeitlichen Verschiebung der Besteuerung führen. Die steuerliche Anerkennung setzt eine Berücksichtigung in der Handelsbilanz voraus (§ 5 I Satz 2 EStG). Dazu zählt unter anderem die Reinvestitionsrücklage, mit der stille Reserven unter gewissen Bedingungen auf spätere Neuanschaffungen übertragen und damit einer unmittelbaren Besteuerung entzogen werden können.

Um Rücklagen zu erzeugen, wird entweder Eigenkapital über das Nennkapital hinaus zugeführt oder Gewinne einbehalten. Dies wird unter anderem eingesetzt, um das Eigenkapital zu erhöhen. Mit der Bildung und Auflösung von Rücklagen muss nicht zwingend ein Finanzierungseffekt verbunden sein, weil sich ein solcher bereits aus der Vermögensstruktur ergibt, beispielsweise durch die Verfügbarkeit von Liquiditätsreserven. Rücklagen mindern den Gewinn nicht und bieten damit weniger steuerliche Vorteile als Rückstellungen, aber tragen mit der Eigenkapitalerhöhung zur Resilienz Ihres Unternehmens in Krisensituationen erheblich bei.

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Was sind Rückstellungen?

Rückstellungen (englisch: provisions) sind Geldreserven, die dem Ausgleich ungewisser zukünftiger finanzieller Verluste und Verbindlichkeiten dienen. Sie verringern den Gewinn, mindern also das Eigenkapital eines Unternehmens. Rückstellungen sind unter anderem dadurch von Vorteil, dass nur das besteuert wird, was tatsächlich erwirtschaftet wurde. In der Bilanz werden Rückstellungen auf der Seite des Fremdkapitals ausgewiesen.

Obwohl Rückstellungen zweckgebunden sind, stehen die genaue Höhe und das Fälligkeitsdatum zum Zeitpunkt der Bildung noch nicht fest. Zum Bilanzstichtag ist nur bekannt, dass die Rückstellung im abgelaufenen Geschäftsjahr gebildet wurde. Es gilt die Passivierungspflicht: Alle Rückstellungen müssen auf der Passivseite ausgewiesen werden (vgl. § 246 HGB).

Die Bewertung von Rückstellungen erfolgt zum Bilanzstichtag. Dabei handelt es sich um den letzten Tag des Geschäftsjahres. Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr, ist der Bilanzstichtag also der 31. Dezember. Die Parameter für die Rückstellungsbewertung können auch drei Monate vor dem Bilanzstichtag erhoben werden, um den Zeitdruck gering zu halten. Dies ist vor allem dann zu empfehlen, wenn der Jahresabschluss einige Tage nach dem Bilanzstichtag fertiggestellt sein muss.

Welche Rückstellungsarten gibt es?

Ob als Ausgleich von Urlaubskosten, Instandhaltungen oder Gerichtsprozessen: Rückstellungen sind immer an einen spezifischen Zweck gebunden. Es wird unter anderem zwischen folgenden Rückstellungsarten unterschieden:

  • Pensionsrückstellungen: Pensionsrückstellungen werden gebildet, wenn ein Mitarbeiter eine Pensionszusage erhält. Die Höhe wird anhand der Bilanz ermittelt.
  • Steuerrückstellungen: Steuerrückstellungen dienen der Begleichung noch ausstehender Steuerbeiträge. Diese Rückstellungen sind für den Fall von Bedeutung, dass das Finanzamt in seiner Berechnung von der dort eingereichten Steuererklärung abweicht. Die dabei entstehenden und nicht vorhersehbaren Differenzen werden mit Steuerrückstellungen beglichen.
  • Gewährleistungsrückstellungen: Mit Gewährleistungsrückstellungen sollen nicht vorhersehbare Ansprüche von Vertragspartnern beglichen werden.
  • Urlaubsrückstellungen: Urlaubsrückstellungen dienen dazu, Verluste durch Kündigungen von Mitarbeitern mit Resturlaub auszugleichen. Auch im Insolvenzfall werden Sie eingesetzt.
  • Instandhaltungsrückstellungen (Aufwandsrückstellungen): Instandhaltungsrückstellungen sind Aufwendungen für Instandhaltungen, die im abgeschlossenen Geschäftsjahr unterlassen wurden. Sie werden in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres nachgeholt.
  • Drohverlustrückstellungen: Drohverlustrückstellungen sollen Verluste aus sogenannten „schwebenden Geschäften” ausgleichen. Bei diesen Geschäften hat keine Partei die dazugehörigen Verträge unterzeichnet. Diese Rückstellungen können nur in der Handelsbilanz passiviert werden (vgl. § 5 Abs. 4a EStG).

Darüber hinaus gibt es Rückstellungen für die Archivierung wichtiger Dokumente.

Wann müssen Rückstellungen gebildet werden?

Rückstellungen sind in folgenden Fällen verpflichtend (vgl. § 249 HGB):

  • Bei ungewissen Verbindlichkeiten (z. B. Steuernachzahlungen, Pensionsverpflichtungen, Prozesskosten)
  • Bei Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtungen (z. B. Kulanz)
  • Bei unterlassenen Instandhaltungsaufwendungen, die in den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden

Beträge von Rückstellungen dürfen nicht nach eigener Willkür gesetzt werden. Wenn Sie Rückstellungen bilden, müssen Sie eine „vernünftige kaufmännische Beurteilung” vornehmen (vgl. § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Das bedeutet, dass die Beträge ordentlich hergeleitet und berechnet werden müssen. Heben Sie die Berechnung am besten bei den Unterlagen zur Bilanz auf, um auf eine Unternehmensprüfung vorbereitet zu sein. Des Weiteren müssen Rückstellungen, die älter als ein Jahr sind, zusätzlich verzinst werden (vgl. § 253 Abs. 2 HGB). Die aktuellen Zinssätze werden von der Deutschen Bundesbank bekanntgegeben.

Wie werden Rückstellungen gebildet?

Eine Rückstellung kann beim ersten Ansatz nach einer der beiden folgenden Methoden gebildet werden:

  • Bruttomethode: Im Jahr der Rückstellungsbildung werden die Aufwendungen in voller Höhe getrennt vom Zinsertrag aus der Abzinsung ausgewiesen.
  • Nettomethode: Der Saldo aus Rückstellungsbildung und Abzinsungsertrag wird ausgewiesen.

Meistens wird beim Erstansatz die Bewertung nach der Nettomethode vorgenommen. Im Jahr des erstmaligen Ansatzes wird der Zinsaufwand nicht ausgewiesen. In den darauf folgenden Jahren erhöht sich der Wert der Rückstellungen, weil die Laufzeit verkürzt wurde. Im Finanzergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung wird der Zinsaufwand aus der Abzinsung erfasst und gesondert ausgewiesen. Bei der gesonderten Ausweisung sind drei Methoden möglich:

  • Der Zinseffekt wird durch einen Davon-Vermerk gesondert ausgewiesen.
  • Der Zinseffekt wird in der Vorspalte der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausgewiesen.
  • Es wird eine gesonderte Angabe im Anhang gemacht.
  • Hier müssen Sie beachten, dass der gesonderte Ausweis nur auf die Zinseffekte aus der Abzinsung von
  • Rückstellungen angewendet wird. Dies gilt nicht für Zinseffekte aus der Abzinsung von Forderungen.

Wie die Abzinsung von Rücklagen im Detail funktioniert, können Sie im Artikel zum Thema nachlesen.

 

Rücklagen und Rückstellungen in der Bilanz

Gerade bei der Bilanzrechnung ist es wichtig, die Unterschiede zwischen Rücklagen und Rückstellungen und die jeweilige Vorgehensweise zu kennen. Im Folgenden werden einige Hinweise präsentiert, die Sie bei der Bilanzerstellung beachten sollten.

Offene Rücklagen und Rückstellungen

Obwohl offene Rücklagen und Rückstellungen beide der Innenfinanzierung des Unternehmens dienen und auf die Passivseite der Bilanz gehören, sollten sie nicht miteinander verwechselt werden. Sie werden nicht nur unterschiedlich gebildet, sondern dienen auch verschiedenen Zwecken.

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Kapital- und Gewinnrücklagen

Wenn Sie eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft mit einem festen Nennkapital betreiben, müssen Sie neben dem gezeichneten Kapital ihre Rücklagen gesondert ausweisen, wobei die Rücklagen je nach Herkunft in Kapital- und Gewinnrücklagen unterteilt werden. Dies ist in § 266 II HGB vorgeschrieben.

Zu den Kapitalrücklagen zählen Eigenkapitalzuführungen in Form von Geld oder Sachmitteln. Diese sind im Einzelnen in § 272 II HGB erwähnt. Sollte es sich bei Ihrem Unternehmen um eine AG handeln, müssen Sie bei Ihren Eigenkapitalzuführungen die in § 150 III und IV AktG definierten Restriktionen zu ihrer Verwendung beachten. Wenn die Gesellschafter Geld- oder Sacheinlagen einbringen, gilt dies als externe Eigenfinanzierung.

Die Gewinnrücklagen beinhalten Beträge, die im vorigen oder aktuellen Geschäftsjahr aus dem erwirtschafteten Ergebnis gebildet worden sind, unter anderem nach Gesellschaftsvertrag oder Satzung zu bildende Rücklagen. Diese Rücklagen gelten als Selbstfinanzierung.

Wenn Sie hingegen Einzelunternehmer sind oder eine Personenhandelsgesellschaft betreiben und kein festes Nennkapital besitzen, zählen Ihre Rücklagen in der Regel zu Ihrem Kapitalkonto und müssen nicht in Kapital- und Gewinnrücklagen unterteilt werden.

Rücklagen und Rückstellungen in der US-GAAP und IFRS/IAS

In der internationalen Bilanzrechnung werden anstelle des HGB entweder die Vorschriften der US-GAAP oder des IFRS/IAS eingesetzt. Weil die sich aus dem Konzernabschluss ergebenden Informationen als Grundlage für Ausschüttungsentscheidungen dienen, schließen die in US-GAAP und IFRS/IAS enthaltenen Regelungen zu Rücklagen und rücklagenähnlichen Eigenkapitalposten spezifische konzernbezogene Bestandteile ein.

Bei den US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) handelt es sich um US-amerikanische Bilanzierungsvorschriften. Sie bestehen aus einer Vielzahl nicht kodifizierter Einzelfallregelungen (Case Law). Verfasser ist das Financial Accounting Standards Board (FASB).
Bis 2007 war es für internationale Unternehmen verpflichtend, die Bilanz nach US-GAAP zu erstellen. Mittlerweile wird nur noch eine Bilanz nach IFRS-Standards benötigt.

Die IAS (International Accounting Standards) und IFRS (International Financial Reporting Standards) gelten in Deutschland und den anderen EU-Staaten für alle kapitalmarktorientierten Unternehmen. So muss jedes Unternehmen, das sich mit Aktien und Anleihen am Börsenhandel beteiligt, einen Abschluss nach IAS/IFRS-Standards aufstellen.

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