Rückstellung für die Archivierung wichtiger Dokumente
Für viele Geschäftsunterlagen gilt eine gesetzliche Mindestaufbewahrungsfrist. Die Archivierung dieser Dokumente verursacht jährlich Kosten, für die das Unternehmen Rückstellungen bilden muss. Die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Aufbewahrung der Unterlagen entstehen, gelten als ungewisse Verbindlichkeiten, die durch die zuvor gebildeten Rücklagen getilgt werden sollen.
Wie hoch die Bildung der Rückstellung für die Aufwendungen zur Archivierung der Geschäftsunterlagen ausfallen, wird anhand der Einzelkosten und aus einem angemessenen Teil der anfallenden Gesamtkosten berechnet. Die Höhe der Rückstellungen hängt auch von der vorgegebenen gesetzlichen Aufbewahrungspflicht der einzelnen Dokumente ab. Zum Beispiel müssen Jahresabschlüsse mit Erläuterungen gemäß § 257 Nr. 1 und 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie Ein- und Ausgangsrechnungen nach § 14b Umsatzsteuergesetz (UstG) zehn Jahre aufbewahrt werden. Empfangene und versendete Handelsbriefe müssen hingegen laut § 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HGB nur sechs Jahre aufbewahrt werden. Entsprechend ist die finanzielle Belastung aufgrund kürzerer oder längerer Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen niedriger oder höher.
Rückstellungsfähige Geschäftsunterlagen
Bevor Sie Rückstellungen für die Archivierung Ihrer geschäftlichen Dokumente bilden, müssen Sie zunächst klären, für welche Unterlagen eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht besteht, denn nicht alle Dokumente sind aufbewahrungspflichtig – und somit auch nicht rückstellungsfähig. Bewahren Sie wichtige Dokumente freiwillig auf, ohne dass hierzu eine gesetzliche Verpflichtung besteht, dürfen auch keine Rückstellungen für die Archivierung dieser Unterlagen gebildet werden. Hierzu zählen beispielsweise Kosten für künftige Anschaffungen wie zusätzliche Regale, Kosten für die Entsorgung der Unterlagen, die nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet werden müssen, und die Einlagerungskosten, die erst in Zukunft entstehen werden.
Für die Berechnung der Höhe der Rückstellungen ist entscheidend, wie lange die besagten Unterlagen aufgehoben werden müssen.
Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen: Berechnung
In die Berechnung fließen verschiedene Kostenfaktoren ein, die bei der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen entstehen. Zu diesen Kostenfaktoren zählen zum Beispiel:
- Einscannen und Einlagerung von am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Dokumenten (Rückstellung hierfür erfolgt einmalig)
- Datensicherung auf DVDs, CDs oder anderen Speichermedien (Rückstellung hierfür erfolgt einmalig)
- Kosten für die Räumlichkeiten, in denen die Unterlagen archiviert werden, sofern die Dokumente in Papierform aufbewahrt werden (anteilige Miete bzw. Abschreibungen für Abnutzung wie Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudereinigung, Instandhaltung, Nebenkosten, etc.)
- Kosten für Einrichtungsgegenstände, wie Regale oder Schränke (ausgeschlossen sind Einrichtungsgegenstände, die bereits abgeschrieben wurden)
- Anteilige Finanzierungskosten für PCs, Server oder Archivräume
- Zinsanteil aus Leasingraten, z.B. für technisches Equipment oder für Archivräume (Rückstellung nur möglich, wenn der Leasingnehmer nicht der wirtschaftliche Eigentümer des Leasinggegenstandes ist)
Methoden zur Berechnung der Rückstellungen
Die Höhe der Rückstellungen kann auf zwei Arten berechnet werden:
- Die jährlichen Kosten für die Archivierung geschäftlicher Unterlagen können für jedes Jahr einzeln berechnet werden. Der Betrag wird dann jeweils mit der Anzahl der Jahre aus der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist multipliziert.
- Die rückstellungsfähigen Kosten, die jährlich im Zusammenhang mit der Aufbewahrungsfrist anfallen, können mit dem Faktor 5,5 multipliziert werden. Der Faktor 5,5 stellt das arithmetische Mittel* der Jahre eins bis zehn dar.
*Die Summe aus 10 und 1 dividiert durch 2 ergibt den Faktor 5,5 und spiegelt die durchschnittliche restliche Aufbewahrungsdauer von 5,5 Jahren wider.
In der Regel werden die Rückstellungen zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen auf die zweite Methode ermittelt, da bei dieser Art der Berechnung keine Unterscheidung zwischen den unterschiedlich langen Aufbewahrungsfristen für verschiedene Dokumente getroffen werden muss. Aufwendungen, die nur einmalig in die Rechnung einfließen dürfen (wie das Einscannen von Unterlagen, die Einlagerung von Dokumenten, die Datensicherung, etc.), müssen gesondert berechnet werden.
Beispiel zur Berechnung
Im Zeitalter der Digitalisierung ist es nicht mehr zwingend erforderlich, Geschäftsunterlagen in Papierform aufzubewahren. Die digitale Archivierung ist ausreichend. Der Vollständigkeit halber finden Sie hier aber Beispiele für die Rückstellungsberechnung in digitaler und in Papierform.
Beispiel A: Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in Papierform
Die Unterlagen eines Unternehmens werden in einem Nebenraum des Betriebsgebäudes aufbewahrt. Der Raum hat eine Größe von 10m². In diesem Fall setzen sich die anfallenden Aufwendungen so zusammen:
Anfallende Aufwendungen | Anfallende Kosten |
Anteilige AfA und Unterhaltskosten für den Archivraum (10m²) | 800 € |
AfA für Einrichtungsgegenstände (jährlich) | 300 € |
Kosten der Soft- und Hardware für die Lesbarmachung der Daten | 200 € |
Kosten für die Datensicherung (einmalig) | 100 € |
Berechnung der Rückstellungen:
1.300 € jährlich anfallender Kosten x Faktor 5,5 = 7.150 €
7.150 € + 100 € einmalig anfallender Kosten = 7.250 €
Der zu bildende Rückstellungsbetrag beläuft sich auf 7.250 Euro.
Beispiel B: Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in digitaler Form
Die Unterlagen eines Betriebs werden am Arbeitsplatz eines Mitarbeiters aufbewahrt. Zusätzlich wird ein Speichermedium zur Datensicherung in einem Büroschrank aufbewahrt.
Anfallende Aufwendungen | Anfallende Kosten |
AfA und Unterhaltskosten für den Arbeitsplatz (anteilig Raumkosten für 2m² zuzüglich anteilige AfA PC-Arbeitsplatz jährlich) | 600 € |
(Anteilige) AfA für den Büroschrank (jährlich) | 100 € |
Kosten für die Datensicherung (einmalig) | 5 € |
Berechnung der Rückstellungen:
700 € jährlich anfallender Kosten x Faktor 5,5 = 3.850 €
3.850 € + 5 € einmalig anfallender Kosten = 3.855 €
Der zu bildende Rückstellungsbetrag beläuft sich auf 3.855 Euro.
Kann im Einzelfall nicht genau oder nur mit hohem Aufwand festgestellt werden, wie sich die aufbewahrten Unterlagen zusammensetzen, kann ein Pauschalbetrag von 20 % von den Gesamtkosten berechnet werden. Alle Rücklagen müssen sowohl in der Handelsbilanz als auch in der steuerlichen Gewinnermittlung abgebildet werden.