Urlaubsrückstellung: Grundsätzliches
Wenn Mitarbeiter zum Ende des Geschäftsjahres noch Resturlaub haben, entsteht ein Erfüllungsrückstand. Dann muss der Arbeitgeber eine Urlaubsrückstellung (auch: Urlaubsverpflichtung) in der Schlussbilanz bilden. Die Urlaubsrückstellung wird für den Fall gebildet, dass ein Mitarbeiter mit Resturlaub gekündigt wird oder die Firma insolvent geht.
Urlaubsrückstellungen sind eine Art Geldanlage, die für ungewisse Verbindlichkeiten gedacht ist, die durch zum Bilanzstichtag ungenutzte Urlaubstage entstehen. Laut § 249 Abs. 1 HGB gilt für Urlaubsrückstellungen in der Handelsbilanz die Passivierungspflicht, laut § 5 Abs. 1 EStG in der Steuerbilanz der Maßgeblichkeitsgrundsatz. Urlaubsrückstellungen müssen gebildet werden, wenn Mitarbeiter vor dem Bilanzstichtag noch einen Urlaubsanspruch erworben haben.
Dabei müssen die Preisverhältnisse des Vorjahres als Grundlage in der Steuerbilanz dienen. In der Handelsbilanz müssen hingegen voraussichtliche Gehaltsänderungen berücksichtigt werden, wenn sie zur Bilanzaufstellung erwartet werden können. Wegen der in Handels- und Steuerbilanz unterschiedlichen Bewertungen der Urlaubsrückstellungen können sogenannte „latente Steuern” entstehen.
Höhe der Urlaubsrückstellung
Wie hoch die Urlaubsrückstellung ist, ist vom Urlaubsentgelt der Mitarbeiter abhängig. Das ist das Entgelt, das die Mitarbeiter bei Inanspruchnahme des Urlaubs erhalten hätten. Im Handelsrecht entspricht dies den künftigen Personalaufwendungen, die das Unternehmen für die Urlaubszeit leisten muss. Die Urlaubsrückstellungen umfassen das Bruttoarbeitsentgelt inklusive Nebenkosten. Weitere finanzielle Leistungen wie Sondervergütungen und Gehaltserhöhungen, die erst nach dem Bilanzstichtag in Kraft treten, werden nicht berücksichtigt.
Buchung der Urlaubsrückstellung
Urlaubsrückstellungen werden in der Finanzbuchhaltung mit dem Buchungssatz „Aufwandskosten an Rückstellungen” gebucht. Während dadurch der Gewinn des Abschlussjahres verringert wird, erfolgt gleichzeitig der Transfer des Betrags über die Position Rückstellungen ins nächste Geschäftsjahr.
So werden Urlaubsrückstellungen berechnet
Um Urlaubsrückstellungen zu berechnen, können Sie zwischen zwei Methoden wählen:
- Individualberechnung (für jeden einzelnen Mitarbeiter): Für kleine Unternehmen geeignet. Damit lässt sich der Rückstellungswert exakt ermitteln, jedoch ist die Individualberechnung komplizierter zu handhaben und nimmt viel Zeit in Anspruch.
- Durchschnittsberechnung (alle Mitarbeiter zusammengerechnet): Ideal für große Unternehmen. Sie ist besonders einfach in der Handhabung, jedoch wird der Rückstellungswert nicht exakt bestimmt. Gerade bei stark schwankenden Lohnstrukturen besteht die Gefahr von Über- und Unterbewertungen.
Beide Methoden verfolgen das gleiche Schema. Ein wesentlicher Unterschied liegt in den verwendeten Daten. Während bei der Durchschnittsberechnung Summendaten verwendet werden, werden bei der Individualberechnung die individuellen Werte eines jeden Mitarbeiters verwendet. Daraus folgt, dass zwei Summen gebildet werden: einmal aus Gehalts- und Lohnkosten, einmal aus Arbeits-, Feier- und offenen Urlaubstagen.
Berücksichtigte Lohn- und Gehaltsdaten
Wenn Sie sich für eine Methode zur Berechnung der Urlaubsrückstellungen entschieden haben, müssen Sie diese Methode in den Folgejahren beibehalten. Da Sie nur in Ausnahmefällen wechseln können, sollten Sie Ihre Berechnungsmethode mit Bedacht wählen. Diese Lohn- und Gehaltsdaten werden für beide Berechnungsmethoden in der Steuerbilanz benötigt:
- Jahres-Bruttoarbeitsentgelt
- Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungen (Krankenversicherung, Pflegeversicherung,
- Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung)
- Berufsgenossenschaftsbeiträge
- Urlaubsgeld
- Weihnachtsgeld
In Urlaubsrückstellungen für die Handelsbilanz berücksichtigen Sie außerdem diese Daten:
- Vermögenswirksame Leistungen
- Zuführungen zu Pensionsrückstellungen
- Jubiläumsrückstellungen
Die folgenden Positionen dürfen aus steuerrechtlicher Sicht nicht berücksichtigt werden, bzw. müssen aus den oben genannten Daten abgeleitet werden:
- Ausbezahlte Tantiemen
- Weihnachtsgeld in Form einer jährlich vereinbarten Sondervergütung
- Pensionsrückstellungen
- 13. Monatsgehalt
- 14. Monatsgehalt
- Vermögenswirksame Leistungen
- Überstundenvergütungen
- Altersvorsorgeleistungen
- Sonstige Abzüge
Rechenformel für Urlaubsrückstellungen
Die Rechenformel für Urlaubsrückstellungen, unabhängig von der gewählten Berechnungsmethode, ist folgende:
Maßgebliches Urlaubsentgelt / tatsächliche Arbeitstage * offene Urlaubstage
Um das maßgebliche Urlaubsentgelt zu erhalten, müssen Sie die verschiedenen Lohn- und Gehaltskosten eines Kalenderjahres addieren. Denken Sie weiterhin daran, Ihre Berechnungen nach der Art der Bilanz anzupassen (Steuer- oder Handelsbilanz). Nicht zuletzt muss die Finanzabteilung möglichst früh die Informationen zu den Urlaubsrückstellungen erhalten. So können der steuerrechtliche und handelsrechtliche Jahresabschluss fristgerecht fertiggestellt werden.
Sonderfall: Urlaubsrückstellungen für gekündigte Mitarbeiter
Ein Sonderfall tritt bei Mitarbeitern ein, die zum Jahresbeginn eine Stelle bei einem anderen Arbeitgeber antreten. Wenn sie aus dem Vorjahr ungenutzte Urlaubsansprüche haben, müssen Sie als Arbeitgeber dem Mitarbeiter diese finanziell abgelten. Es ist gesetzeswidrig, dass der Mitarbeiter auf die Abgeltung verzichtet. In einem solchen Fall muss keine Urlaubsrückstellung gebildet werden. Erfolgt der Wechsel während des laufenden Jahres, müssen Sie für die Resturlaubstage aus dem vorigen Jahr Rückstellungen bilden. Ob der Wechsel bereits zu Jahresbeginn bekannt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Unabhängig von der Restdauer des Arbeitsverhältnisses bei Ihnen entsteht ein Erfüllungsrückstand. Diese ungewisse Verbindlichkeit ist immer rückstellungspflichtig.
Berechnung der Urlaubsrückstellung: Ein Beispiel
Um Ihnen die Berechnung der Urlaubsrückstellungen zu veranschaulichen, soll das folgende Beispiel dienen. Nehmen wir an, Sie wären für die Buchhaltung der Beispiel GmbH verantwortlich. Diese GmbH besitzt eine Geschäftsführerin, Elke Klein, sowie drei Mitarbeiter: Gökhan Bayram, Milena Weiß und Ulf Hacker. Dies sind die grundlegenden Personaldaten aus dem Vorjahr:
Klein | Bayram | Weiß | Hacker | Summe | |
Bruttogehalt in Euro | 120.000 | 60.000 | 38.400 | 48.000 | 266.400 |
Arbeitgeberanteil Sozialversicherung in Euro | – | 11.625 | 7381,50 | 9324 | 28.330,50 |
Resturlaub in Tagen | 2 | 7 | 4 | 2 | 15 |
Wochenarbeitstage | 6 | 5 | 5 | 5 | 21 |
Für diese Mitarbeiter wird nun die Urlaubsrückstellung gebildet. Da nach steuerrechtlichen Bestimmungen gerechnet wird, sind eventuelle Gehaltserhöhungen irrelevant. Neben dem regulären Monatsgehalt erhalten die Mitarbeiter der Beispiel GmbH ein freiwillig gezahltes Weihnachtsgeld. Aus diesen Daten ergibt sich das maßgebliche Urlaubsentgelt wie folgt:
(Angaben in Euro) | Klein | Bayram | Weiß | Hacker |
Bruttogehalt | 120.000 | 60.000 | 38.400 | 48.000 |
./. Weihnachtsgeld (hier jeweils 25 % des Monatsgehalts) | 2500 | 1250 | 800 | 1000 |
+ Arbeitgeberanteil Sozialversicherung | – | 7381,50 | 9712,50 | 9324 |
Maßgebliches Urlaubsentgelt | 117.500 | 66.131,50 | 47.312,50 | 56.324 |
So werden die tatsächlichen Arbeitstage ermittelt:
Klein | Bayram | Weiß | Hacker | |
Wochenarbeitstage | 6 | 5 | 5 | 5 |
52 Wochen | 312 | 260 | 260 | 260 |
Feiertage | ./. 11 | ./. 11 | ./. 11 | ./. 11 |
Arbeitstage | 301 | 249 | 249 | 249 |
Urlaubstage nach Vertrag | ./. 31 | ./. 30 | ./. 30 | ./. 30 |
Tatsächliche Arbeitstage | 270 | 219 | 219 | 219 |
Daraus ergibt sich die Urlaubsrückstellung wie folgt:
Klein | Bayram | Weiß | Hacker | |
Maßgebliches Urlaubsentgelt | 117.500 | 66.131,50 | 47.312,50 | 56.324 |
./. Arbeitstage | 301 | 249 | 249 | 249 |
Urlaubsentgelt pro Arbeitstag | 390 | 266 | 190 | 226 |
Resturlaub | 2 | 7 | 4 | 2 |
Rückstellungsbetrag Steuerbilanz gesamt | 3854 |
Urlaub genehmigen: Das müssen Sie beachten
Viele Arbeitnehmer sparen sich gerne Urlaubstage an, um entweder hohe Motivation zu signalisieren oder auf unvorhergesehene Ereignisse vorbereitet zu sein. Dies klingt zwar vorbildlich, kann für Arbeitgeber aber finanziell sehr belastend sein. Denn durch nicht genutzte Urlaubstage sammeln sich gegen Jahresende oft hohe Summen für die Urlaubsrückstellungen an. Management und Controlling sollten also die Urlaubsansprüche ihrer Mitarbeiter überwachen und eventuell auf noch nicht genutzte Urlaubstage hinweisen.
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer ihre Urlaubstage im laufenden Geschäftsjahr verbrauchen. Als Arbeitgeber sind Sie dazu verpflichtet, den Urlaub zu genehmigen. Nur in dringenden betrieblichen Situationen (z. B. bei extrem hohem Arbeitsaufkommen) oder zu wichtigen privaten Anlässen können Sie Urlaubsanträge auf das nächste Kalenderjahr übertragen. Auch wenn ein Mitarbeiter erkrankt und seinen Urlaub nicht wie geplant antreten kann, dürfen Sie die nicht verbrauchten Arbeitstage ins nächste Kalenderjahr übertragen. Dies wird in § 7 Abs.3 BurlG im Detail erläutert. In den meisten Fällen müssen Arbeitnehmer ihre Urlaubstage bis spätestens zum 31. März des Folgejahres aufbrauchen, jedoch werden oft abweichende Vereinbarungen mit verlängerten Fristen getroffen.
Urlaubsrückstellungen: Detailfragen mit dem Steuerberater klären
Sollten bei Ihnen noch Unklarheiten zu Urlaubsrückstellungen bestehen, empfehlen wir Ihnen, Ihren Steuerberater um Rat zu fragen. Besonders bei Detailfragen, die sich auf die korrekte Berechnung auswirken (z. B. 13. Gehalt, vermögenswirksame Leistungen) ist es von Vorteil, sich bei einer erfahrenen Fachperson zu informieren. Mit der Beratersuche von firma.de finden Sie einen Experten in Ihrer Nähe, der Ihre Detailfragen zuverlässig und kompetent beantwortet.