Elterngeldbezug: Bekommen Selbständige Elterngeld?
Während bekannt ist, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf Elterngeld haben, ist die Lage bei Selbständigen häufig nicht so klar. Doch Selbständige haben genauso Anspruch auf Elterngeld wie Arbeitnehmer. Lediglich die Berechnungsgrundlage ist eine andere als bei Angestellten. Selbständige müssen anders als Angestellte viel mehr beachten, wenn sie ihren Antrag auf Elterngeld stellen. So können kleine Irrtümer für einen großen Unterschied bei den Auszahlungsbeträgen sorgen. Weitere Tipps und Tricks beim Elterngeld für Selbständige finden Sie am Ende des Artikels.
Elterngeld für Einsteiger: Die Grundlagen
Elterngeld gibt es nur in den ersten 14 Lebensmonaten des Nachwuchses, wobei die Aufteilung dieser Monate nach Belieben erfolgen kann. Sollten die Eltern zusammenleben, kann einer der beiden für maximal zwölf Monate das Elterngeld beziehen. Das Paar erhält weitere zwei Monate, wenn sich der andere Partner ebenfalls an der Erziehung beteiligt und dadurch Einkommenseinbußen hat.
Durch die flexible Aufteilung der Babypause ist es beispielsweise möglich, dass beide jeweils sieben Monate Elternzeit nehmen, nacheinander oder sogar gleichzeitig. Allerdings muss diese Aufteilung bereits beim Elterngeld-Antrag festgelegt werden — eine Änderung ist während dem Elterngeldbezug nur ein mal möglich. Weitere Änderungen werden nur in einem Sonderfall genehmigt: im Todesfall einer der Elternteile.
Kurz: Übernimmt ein Elternteil die Babypause, beträgt diese zwölf Monate. Sollten sich beide die Elternzeit teilen, ist eine Verlängerung auf 14 Monate möglich.
Lohnt sich Elterngeld Plus für Selbständige?
Elterngeld Plus ist eine Erweiterung des Basis-Elterngeldes, das die Eltern bis zu 24 Monate lang beziehen können. Grundsätzlich gilt: aus einem Elterngeld-Monat werden zwei Elterngeld Plus-Monate. Dabei halbieren sich die Zahlungen und können aus diesem Grund auch bis zu doppelt so lange in Anspruch genommen werden. Außerdem ist es möglich, Elterngeld und Elterngeld Plus zu kombinieren. So können Sie die bestmögliche Variante auf Ihre Bedürfnisse zuschneiden.
Voraussetzung für das Elterngeld Plus ist, dass der berufliche Wiedereinstieg bereits während der Babypause stattfindet, also beispielsweise begonnen wird, dem Beruf halbtags nachzugehen. Wer in Teilzeit arbeitet und Elterngeld bezieht, kann zusätzlich Elterngeld Plus beziehen. Obwohl das Elterngeld Plus geringer ausfällt als das Elterngeld, kann es für Eltern durchaus attraktiv sein: So können sie langsam wieder in den Beruf einsteigen, mehr Flexibilität gewinnen und Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren.
Während die Mutter nun beispielsweise zunächst drei Monate nach der Geburt den Nachwuchs versorgt, kann sie gleichzeitig Basis-Elterngeld beziehen. Wenn sie nach den drei Monaten in Teilzeit wechselt, wechselt sie automatisch zu Elterngeld Plus. Das bedeutet, dass sie im Laufe der Teilzeitbeschäftigung die Hälfte des Elterngeldes erhält. Zeitgleich kann ihr Partner in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder auch zuhause bleiben — das Elterngeld wird an die jeweiligen Lebensumstände der beiden angepasst. Denken Sie daran, dass die Aufteilung der Monate im Vorhinein festgelegt werden muss und nur ein mal angepasst werden kann.
Zusätzlich zum Elterngeld Plus: Der Partnerschaftsbonus für Selbständige
Der Bezugszeitraum von Elterngeld Plus kann um vier Monate verlängert werden, wenn beide Elternteile zeitgleich wieder anfangen zu arbeiten. Dies muss jedoch für mindestens vier Monate am Stück parallel 25 bis 30 Stunden pro Woche erfolgen. Somit erhalten sie zwei komplette Elterngeld-Auszahlungen zusätzlich, über vier Monate verteilt.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Elterngeld
Um einen Anspruch auf Elterngeld zu haben, ist es generell erst einmal unerheblich, ob Sie oder Ihr Partner selbständig sind oder nicht. Zunächst müssen Sie und Ihr Partner einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort innerhalb Deutschlands haben – oder eine Arbeitsstelle in Deutschland oder im EU-Ausland ohne Wohnsitz/Aufenthaltsort in Deutschland.
Weiterhin muss das Kind familienhaft bei Ihnen wohnen. Familienhaft bedeutet, dass die Betreuung des Kindes örtlich, materiell und immateriell (Wohnung, Unterhalt, Fürsorge) stattfindet. Sie oder Ihr Partner müssen für die Erziehung und Betreuung zuständig sein. Zuletzt dürfen Sie keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben – eine Arbeit in Teilzeit bis maximal 30 Stunden pro Woche ist Ihnen allerdings erlaubt. Schließlich finanziert das Elterngeld Ihre Auszeit, damit Sie Zeit für die Betreuung Ihres Kindes haben.
Diese Anforderungen müssen während des gesamten Bezugszeitraums vorliegen. Wenn allein eine der Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, erlischt der Elterngeldanspruch – mit der Folge, dass Sie bereits erhaltene Zahlungen zurückerstatten müssen.
Für Eltern, deren Einkommen der Reichensteuer unterliegen, gelten für den Bezug des Elterngeldes Einkommensgrenzen:
- 250.000 Euro für Alleinerziehende und
- 500.000 Euro für Elternpaare
Wenn Sie oder Sie und Ihr Partner im letzten Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes Einkommen in dieser Höhe erzielt haben, besitzen Sie keinerlei Anspruch auf Elterngeld.
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit während der Elternzeit: Bemessungsgrundlage für das Elterngeld
Damit das Elterngeld erst einmal beantragt werden kann, müssen Selbständige ihren Steuerbescheid, EÜR oder Bilanz des letzten Jahres vor der Geburt einreichen. Wenn geplant ist, während des Bezugszeitraums weiter zu arbeiten, muss weiterhin eine Prognose über das kommende Einkommen erstellt und mit abgegeben werden. Unabhängig davon, wann Ihr Kind geboren wird, müssen Sie die Unterlagen für Januar bis Dezember des Vorjahres einreichen – sofern Sie kein abweichendes Wirtschaftsjahr für Ihr Unternehmen verwenden. Generell gilt: Einzureichen ist der letzte steuerlich abgeschlossene Veranlagungszeitraum, der in den zwölf Monaten vor der Geburt fertig gestellt wurde. Nicht eingerechnet wird dabei der Monat der Geburt – selbst, wenn in diesem der Abschluss des relevanten Zeitraumes liegt.
Zahlung des Elterngeldes stets unter Vorbehalt
Bitte beachten Sie, dass die Zahlung des Elterngeldes für Selbständige immer unter Vorbehalt erfolgt, da das Einkommen schwanken kann und nicht definitiv feststeht, wie viel Sie in den Bezugsmonaten verdienen werden. Deshalb werden Sie nach Zahlung des letzten Elterngeldes aufgefordert, Ihre tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben darzulegen. Erst dann wird der finale Elterngeldbescheid erlassen, woraus sich eventuelle Nach- oder Rückzahlungen ergeben.
Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Elterngeldes berechnet sich aus §§ 2b und 2d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG). Grundsätzlich bestimmt der Lohn bzw. das Einkommen im Jahr vor der Geburt die Höhe des Elterngeldes. Die staatliche Hilfe beträgt dabei zwischen 65 und 100 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens, bei Selbständigen der monatliche Gewinn nach allen Steuerabzügen. Daraus ergibt sich ein Elterngeld von mindestens 300, aber maximal 1.800 Euro. Folgende Intervalle sind vorgesehen:
- Einkommen ab 1.240 Euro oder mehr: 65 Prozent
- Einkommen zwischen 1.239 und 1.220 Euro: 66 Prozent
- Einkommen zwischen 1.000 und 1.199 Euro: 67 Prozent
- Einkommen unter 1.000 Euro: Der Prozentsatz erhöht sich um jeweils ein Prozent je 20 Euro.
Wenn Sie nebenberuflich selbständig sind und hauptberuflich Arbeitnehmer, werden alle Einkünfte des letzten Kalenderjahres gebündelt zur Errechnung des Elterngeldes und zählen als sogenannte Mischeinkünfte.
Der Mehrlingszuschlag beim Elterngeld
Wenn Eltern ein weiteres Kind unter drei Jahren haben oder Mehrlinge zur Welt bringen, erhalten sie Zuschläge. Zum Beispiel erhalten Sie für ein Kind unter drei Jahren pauschal 75 Euro mehr Elterngeld im Monat. Bis Ende 2014 gab es noch doppeltes Elterngeld für Zwillinge und höhere Beiträge für Drillinge. Durch eine Gesetzesänderung zum 1. Januar 2015 wurde das erhöhte Elterngeld allerdings durch eine neue Regelung ersetzt. Seitdem existiert der sogenannte Mehrlingszuschlag: Für den zweitgeborenen Zwilling erhöht sich das Elterngeld monatlich um 300 Euro, bei Drillingen um 600 Euro, usw.
Selbständigkeit und Mutterschaftsgeld
Ob die Mutter des Kindes Mutterschaftsgeld erhält oder nicht, hängt immer von der Krankenkasse ab, in der sie Mitglied ist. Mutterschaftsgeld ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen und an einen Anspruch auf Krankengeld gebunden. Diese Unterstützung entspricht dem Durchschnittseinkommen aus den drei Monaten vor dem Mutterschutz und setzt sich grundsätzlich aus anteiligen Zahlungen von der jeweiligen Krankenkasse und dem Arbeitgeber zusammen – den Selbständige natürlich nicht haben. Trotzdem steht selbständigen Müttern Mutterschaftsgeld zu.
Mitglieder der (freiwilligen) gesetzlichen Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld erhalten Mutterschaftsgeld, in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Nach Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich letztere Frist weiter auf zwölf Wochen. Das Mutterschaftsgeld kann frühestens sieben Wochen vor der Geburt beantragt werden; hierzu benötigen Sie eine ärztliche Bescheinigung über den errechneten Geburtstermin.
Selbständige, die privat krankenversichert sind, erhalten kein Mutterschaftsgeld, haben aber eventuell einen Anspruch auf andere Wahlleistungen bezüglich der Geburt. Seit 2017 haben privat krankenversicherte, selbständige Mütter während der Mutterschutzfristen einen Anspruch auf Krankentagegeld.
Selbständige Eltern und Kindergeld
Selbständige haben, wie alle Eltern in Deutschland, Anspruch auf Kindergeld – für alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr. Solange Sie sich überwiegend in Deutschland aufhalten und in Deutschland unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind, bestehen Kindergeldansprüche. Das Kindergeld beläuft sich aktuell auf 194 Euro monatlich für das erste und zweite Kind, 200 Euro für das dritte und jeweils 225 Euro für jedes vierte und jedes weitere Kind. Kindergeld erhalten Sie zusätzlich zu und unabhängig von den anderen Bezügen wie dem Elterngeld.
Nachteile des Elterngeldes für Selbständige
Für Selbständige kann es durchaus nachteilig sein, dass das Elterngeld grundsätzlich nicht nach dem Einkommen unmittelbar vor der Geburt (zum Beispiel von Mai bis Mai), sondern anhand des Einkommens des letzten Kalenderjahres vor der Geburt (Januar-Dezember) berechnet wird. Gerade für Existenzgründer kann diese Regelung sehr ärgerlich sein, da besonders in der Startphase oft noch kein großes Einkommen vorhanden ist. Wird aber das Einkommen vom Gründungsjahr als Bemessungsgrundlage verwendet, kann es dazu führen, dass Existenzgründer nur das Minimum an Elterngeld erhalten.
Ein weiteres Ärgernis für Selbständige, die Anspruch auf Elterngeld haben, ist das Zuflussprinzip der Elterngeldstelle. Besonders, wenn Rechnungen später als gedacht bezahlt werden, fällt das Einkommen so möglicherweise in die Bezugsmonate. Das bedeutet, dieses Einkommen wird natürlich auf das Elterngeld angerechnet, mit der Folge, dass weniger bleibt für das Kind. Die Gerichtslage ist hier uneindeutig; es gibt Fälle, in denen die Eltern Recht erhielten, aber auch Fälle, in denen der Praxis der Elterngeldstelle zugestimmt wurde.
Weiterhin sollten Gesellschafter beachten: Die Gewinnausschüttungen und Einkünfte der Personengesellschaft werden auf das Elterngeld angerechnet, selbst wenn Sie die Tätigkeit pausiert haben, nicht für die Gesellschaft tätig sind und folglich keine Ausschüttung erhalten. Somit werden Einkünfte anderer Gesellschafter (1/12 des Jahresgewinns pro Monat) als Bemessungsgrundlage für das Elterngeld verwendet – siehe Urteil des Bundessozialgerichts (21.6.2016, Az. B 10 EG 3/15 R):
„Trotz einer Reduzierung des Tätigkeitsumfangs trage der Kläger während des Bezugszeitraums weiterhin das Mitunternehmerrisiko und die Mitunternehmerinitiative an dem Gewerbebetrieb. […] Bestehen Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative des elterngeldberechtigten Gesellschafters in der Elternzeit fort, wird der Jahresgewinn auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit angerechnet, wenn der Gesellschafter wegen der Elternzeit auf einen Bruchteil seines tätigkeitsbezogenen Jahresgewinns verzichtet hat.”
Tipps & Tricks: Wie Sie mehr aus Ihrem Elterngeld herausholen
Selbständige Klein- oder Einzelunternehmer können mit ein paar Kniffen mehr aus ihrem Elterngeld herausholen und einige Gestaltungsspielräume nutzen, um die staatliche Förderung zu maximieren:
- Rechnungsverschiebung: Sie können die Zahlungseingänge bzw. Zahlungsziele Ihrer Kunden auf einen Zeitraum nach der Elternzeit legen; so werden diese Einnahmen nicht auf das Elterngeld angerechnet. Bei einem Einzelunternehmen mit wenigen Kunden ist dies oftmals eine leicht zu realisierende Option.
- Elternzeit pausieren: Sie haben bis zu zwei mal die Möglichkeit, die Elternzeit für einen Monat zu unterbrechen. Legen Sie in diese Zeit Ihre Rechnungsstellung bzw. Zahlungsziele, sodass diese nicht auf das Elterngeld angerechnet werden.
- Nur Mindestbetrag in Anspruch nehmen: Sie haben auch die Möglichkeit, nur den Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro in Anspruch zu nehmen. Dafür müssen Sie keinen Nachweis über Ihr Einkommen erbringen. Achtung: Trotzdem gilt die Obergrenze von 30 Wochenstunden Arbeit! Diese Option ist geeignet für Selbständige, die auch mit weniger Arbeitsstunden ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften können, aber trotzdem nicht auf das Elterngeld verzichten und Nachzahlungen vermeiden wollen.
Wie kann ich meine Bemessungsgrundlage verändern?
Sie können mit ein paar Tricks positiven Einfluss auf Ihre Bemessungsgrundlage nehmen:
- Anhebung des Einkommens im Vorjahr, beispielsweise indem Sie weniger Ausgaben geltend machen oder aber die Steuerklasse wechseln
- Änderung des Bemessungszeitraums
Während stets das Vorjahr vor der Geburt zur Berechnung der Bemessungsgrundlage dient, kann gemäß § 2b Abs. 2 BEEG in Ausnahmefällen ein Antrag auf Verschiebung des Bemessungszeitraums gestellt werden.
Dies ist beispielsweise in folgenden Fällen möglich:
- Schwangerschaftsbedingte Krankheit: Wenn das Kalenderjahr vor der Geburt aufgrund schwangerschaftsbedingter Krankheit nicht repräsentativ ist, werden die letzten zwölf Monate als Berechnungsgrundlage verwendet. Sollten die einkommensschwachen Monate allerdings in diesen Zeitraum fallen, können Sie beantragen, dass diese übersprungen werden.
- Mutterschaftsgeld: Haben Selbständige im letzten Kalenderjahr Elterngeld oder Mutterschaftsgeld für ein älteres Kind erhalten, sind ebenfalls die letzten zwölf Monate vor der Entbindung für die Berechnung des Elterngeldes maßgeblich. Auch hier können Sie ein Überspringen beantragen, wenn Sie in diesen Monaten beispielsweise kein Einkommen und somit keine geeignete Berechnungsgrundlage hatten.
- COVID-19: Sollte man aufgrund der COVID 19-Pandemie Einkommensverluste nachweisen können, kann auch dies als Grund für eine Verschiebung des Bemessungszeitraums angegeben werden.
Idealerweise lassen Sie sich hierzu von Beratern einer städtischen Elterngeldstelle o.ä. beraten.