Freistellung von der Arbeit: Welche Möglichkeiten gibt es?
Arbeitsrechtlich ist Freistellen definiert als dauerhafte oder zeitweise Entbindung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistungspflicht. In einfachen Worten: Wer freigestellt wird, muss weder Arbeit leisten noch am Arbeitsplatz erscheinen. Freistellung ist aber nicht gleich Freistellung, denn es gibt verschiedene Formen:
- widerruflich oder unwiderruflich
- bezahlt oder unbezahlt
- einseitig oder einvernehmlich
Freistellung bei Kündigung
Freistellungen werden oftmals im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses relevant. Hierbei kann es sowohl um Kündigungen als auch um Aufhebungsverträge gehen. In der Praxis erhält der Arbeitnehmer in diesem Falle seine Entlohnung bis zum letzten Tag des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Gleichzeitig braucht er seine Arbeitsleistung nicht mehr zu erbringen oder am Arbeitsplatz zu erscheinen.
Wem nützt eine Freistellung?
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können ein Interesse an einer Freistellung haben. Für Arbeitgeber kann eine Freistellung bewirken, dass die bisherigen Betriebsabläufe nicht gestört werden. Einige Arbeitnehmer empfinden eine Freistellung von der Arbeit als Vorteil, da sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die gewohnte Entlohnung erhalten ohne am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen. So werden Konflikte vermeiden und die Freizeit kann für eine neue Bewerbungsphase oder eine Urlaubsreise genutzt werden.
Anspruch auf Freistellung: Rechtsgrundlagen
Ein allgemeiner Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit liegt nicht vor. Daneben gibt es eine Reihe von gesetzlichen Ansprüchen auf Freistellungen wie zum Beispiel:
- Schwangerschaft und Elternzeit:
- §§ 15 ff. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEEG)
- §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG)
- Kinderbetreuung: § 45 Sozialgesetzbuch (SGB V)
- Pflege Angehöriger:
- § 3 Gesetz über die Pflegezeit (PflegeZG)
- § 2 Gesetz über die Familienpflegezeit (FPfZG)
- Arbeitsunfähigkeit und gesetzliche Feiertage: §§ 2 f. Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
- Medizinische Vorsorge oder Rehabilitation: § 9 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
- Altersteilzeit: Altersteilzeitgesetz (AltTZG)
- Kurzarbeit: §§ 95 ff. SGB III
- Bildungsurlaub: gesetzliche Grundlage variiert je nach Bundesland
- Arzttermine oder Termine bei der Arbeitsagentur: § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Erholungsurlaub: § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
- Stellensuche: § 629 BGB
Freistellungsansprüche Ihrer Mitarbeiter können sich außerdem aus dem individuellen Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder tariflichen Regelungen ergeben.
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Formen der Freistellung durch den Arbeitgeber
Die Gelegenheiten und Fälle, in denen Sie Ihren Mitarbeitern Freistellungen gewähren dürfen oder sogar müssen, sind vielseitig. Daher sind mehrere Freistellungsformen zu unterscheiden, die unterschiedlichen Kriterien unterliegen:
Bezahlte Freistellungen
Bezahlte Freistellung ist gängige Praxis, wenn der Arbeitgeber die Freistellung anordnet oder ein rechtlicher Anspruch besteht (siehe Liste oben). In diesem Fall besteht der Vergütungsanspruch fort.
Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung liegt auch vor, wenn Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden verhindert sind, z. B. durch einen Unfall (§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch). Ebenso sind Beschäftigte bezahlt freizustellen, wenn es um eine Stellensuche oder um die Meldung bei einer Arbeitsagentur geht.
Unbezahlte Freistellung
Willkürliche Freistellungen, bei denen die Vergütung ausbleibt, darf der Arbeitgeber nicht anordnen. Auch eine wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens berechtigt nicht zur Freistellung des Personals, denn der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko. In einem solchen Fall kommt stattdessen eine betriebsbedingte Kündigung oder eine Änderungskündigung in Frage.
Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter allerdings unbezahlt freistellen, die nachweislich eine unerlaubte Handlung begangen haben. Hat ein Mitarbeiter etwa vorsätzlich eine Straftat begangen wie Betrug oder Unterschlagung, erleidet Ihr Unternehmen einen Schaden. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, den entstandenen Schaden auf den betroffenen Mitarbeiter umzulegen: Dazu rechnen Sie die Schadenersatzansprüche gegen die Gehaltsansprüche auf. Bei dieser Rechnung sind keine bestimmten Pfändungsfreigrenzen zu berücksichtigen, sodass Sie die Forderungen eins zu eins gegen die Vergütung des Arbeitnehmers aufrechnen können. Diese Maßnahme fällt rechtlich nicht exakt in den Bereich der Freistellung, entspricht jedoch wirtschaftlich der unbezahlten Freistellung.
Ein Spezialfall, der unbezahlte Freistellungen rechtfertigt, ist der organisierte Streik. Beteiligt sich einer Ihrer Beschäftigten an einem gewerkschaftlichen Streik, so ist er von seinen arbeitsvertraglich geregelten Leistungspflichten freigestellt. Eine Vergütung erhalten streikende Beschäftigte in diesem Fall in Form von Streikgeld direkt von der entsprechenden Gewerkschaft.
Interessenabwägung
Grundsätzlich ist es für Arbeitgeber relevant, im Vorfeld der (unbezahlten) Freistellung von der Arbeit die Interessen beider Parteien abzuwägen. Eine unbezahlte Suspendierung ist nur dann rechtmäßig, wenn Ihre Interessen als Arbeitgeber besonders schutzwürdig sind. Daher ist zu prüfen, ob Ihre Interessen gegenüber den Ansprüchen auf Beschäftigung der Arbeitnehmer überwiegen.
Widerrufliche Freistellung
Grundsätzlich handelt es sich im Falle einer Beurlaubung oder einer Suspendierung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist um eine widerrufliche Freistellung von der Arbeit. Erklären Sie als Arbeitgeber, Sie stellen einen Beschäftigten frei, so ist damit typischerweise eine jederzeit widerrufliche Freistellung gemeint. In diesem Fall können Sie Ihren Beschäftigten grundsätzlich dazu bewegen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Das heißt, Arbeitnehmer sind dann verpflichtet, an den Arbeitsplatz zurückzukehren.
Unwiderrufliche Freistellung
Im Falle der unwiderruflichen Suspendierung ist der betreffender Arbeitnehmer künftig nicht mehr für Ihren Betrieb tätig. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis noch rechtlich fortbesteht. Als Arbeitgeber verzichten Sie damit auf Ihr Recht, den Arbeitnehmer weiter beschäftigen zu können.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass diese Form der Freistellung von der Arbeit keine Auswirkungen auf die Sozialversicherungspflichten hat. Auch bei der unwiderruflichen Freistellung besteht die Versicherungspflicht fort. Diese Regelung geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts hervor (Urteil vom 24.9.2008, Az. B 12 KR 22/07 R).
Freistellung nach Kündigung
Am häufigsten kommt die Suspendierung nach einer Kündigung vor. Hierbei müssen noch zwei Fälle unterschieden werden: Die einvernehmliche und die einseitige Freistellung. Eine beidseitige Vereinbarung zur Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist der Idealfall, aber sicher nicht die Regel.
Viel häufiger kommt es zu einer angewiesenen Freistellung, die der Arbeitgeber durchsetzt. Die einseitige Suspendierung stellt einen arbeitsrechtlichen Sonderfall dar, denn der Mitarbeiter verliert nicht nur Anspruch auf Beschäftigung, sondern auch auf jede weitere Tätigkeit im Unternehmen. Falls angeordnet, ist sogar das Betreten des Betriebsgeländes verboten.
Personal entgegen dessen Einverständnis freizustellen ist nur unter bestimmten Umständen zulässig. Hierbei müssen für Arbeitgeber Gründe vorliegen, die eine weitere Beschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers unzumutbar werden lassen und daher eine sofortige Reaktion erfordern. Bei der Prüfung der Gründe sind weiterhin die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Falls der ehemalige Mitarbeiter eine Kündigungsschutzklage einreicht, müssen Sie die Gründe für die Unzumutbarkeit glaubhaft und nachvollziehbar vor einem Arbeitsgericht darlegen. Plausible Gründe umfassen etwa eine schwere Verletzung der Arbeitnehmerpflichten wie etwa ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot oder den Verrat von Betriebsgeheimnissen.
Rechtsfolgen einer Freistellung
Zu den wichtigsten rechtlichen Auswirkungen, die Sie als Arbeitgeber im Zusammenhang mit Freistellungen berücksichtigen sollten, gehören Fragen der Sozialversicherung sowie der Anrechnung der Freistellungen auf den Urlaub.
Sozialversicherung
Handelt es sich um eine unwiderrufliche Freistellung, so beginnt gleichzeitig die so genannte Beschäftigungslosigkeit Ihrer Arbeitnehmer. Ab dem Freistellungszeitpunkt können Arbeitnehmer die Vermittlungsangebote der Arbeitsagentur in Anspruch nehmen. Zu berücksichtigen ist für Arbeitgeber jedoch, dass eine unwiderrufliche, aber bezahlte Freistellung nicht gleichzusetzen ist mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das bedeutet, dass die Beitragspflicht für die Sozialversicherungen (Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) weiterhin bis zum Ende der Kündigungsfrist bestehen bleibt.
Wenn Sie Mitarbeiter unbezahlt freistellen, hat dies allerdings Konsequenzen für die SV-Beiträge. In diesem Fall entfällt die Voraussetzung, dass weiterhin eine Pflicht besteht, Lohn oder Gehalt zu zahlen. Folglich verfällt für Arbeitgeber die Pflicht zur Beitragszahlung nach höchstens einem zusätzlichen Monat. Bei Überschreiten dieser Frist ist eine Abmeldung von der Sozialversicherung vorzunehmen. Nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigung wiederaufnimmt, ist eine erneute Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich. Von dieser Regel sind allerdings einige Mitarbeitergruppen ausgenommen: Personal in Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit sowie Angestellte, die weitere Entgeltersatzleistungen (z. B. Krankengeld) beziehen.
Anrechnung der Freistellung auf den Urlaub
Es gibt Fälle, in denen eine Anrechnung der Freistellung auf den Erholungsurlaub Ihrer Arbeitnehmer möglich ist, insbesondere bei der unwiderruflichen Freistellung während der Kündigungsfrist. Dies hängt damit zusammen, dass Urlaubstage generell als Freistellung von der Arbeitspflicht definiert sind. Somit können Urlaubsansprüche durch bezahlte Freistellungen bereits abgegolten sein. In diesem Fall bedarf es einer umfassenden Information der Arbeitnehmer über diese Form der Anrechnung.
Ist die Suspendierung widerruflich, (beispielsweise weil eine Straftat begangen wurde) ist die Anrechnung auf den Urlaub nicht ohne Weiteres möglich. Eine solche Anrechnung würde dem Erholungszweck des Urlaubs zuwiderlaufen, da der Arbeitgeber jederzeit die Wiederaufnahme der Arbeit einfordern könnte. Sofern keine Anrechnung auf den Urlaub erfolgt, erlangen Beschäftigte auch im Rahmen der Freistellungen ihre Urlaubsansprüche anteilig für jeden vollen Monat der Betriebszugehörigkeit.