Gratifikation: Überblick
Mit einer Gratifikation leisten Sie als Arbeitgeber eine Sondervergütung. Diese ist freiwillig und meist zweckgebunden. Typische Beispiele für Gratifikationen sind:
- Weihnachtsgeld
- Urlaubsgeld
- 13. Monatsgehalt
- Prämien für bestimmte Zielvereinbarungen
- Jahresabschlussvergütung
- Betriebszugehörigkeit (Jubiläum)
- Bonuszahlungen
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Art und Zweck der Zahlung
Typischerweise zahlen Arbeitgeber Gratifikationen regelmäßig bei Wiederkehr des betreffenden Anlasses. Mit einer Gratifikation bezeugen Sie gegenüber Ihren Arbeitnehmern eine Anerkennung ihrer bisher geleisteten Arbeit. Weiterhin bieten sie Ihren Beschäftigten damit Anreize, weiterhin gute Leistung zu erbringen. Entlohnen Sie die Betriebszugehörigkeit oder ein Jubiläum mit einer Gratifikation, ermuntern Sie Beschäftigte, Ihrem Unternehmen treu zu bleiben.
Trotzdem handelt es sich um eine Zahlung, über deren Gewährung Sie als Arbeitgeber selbst entscheiden. Ebenso obliegt es Ihnen, die Empfänger der Gratifikationen zu bestimmen. Hierbei sind jedoch die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen (insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz) zu berücksichtigen. In den meisten Fällen basieren Gratifikationen auf einer bestimmten betrieblichen oder örtlichen Tradition.
Begriffliche Abgrenzung
Gratifikationen und ihre Formen sind von weiteren ähnlich klingenden Begriffen abzugrenzen. So ist beispielsweise die Gratifikationsart des Urlaubsgeldes nicht mit dem Urlaubsentgelt zu verwechseln. Letzteres stellt eine reguläre Arbeitsvergütung während der Urlaubstage dar, die Arbeitnehmer gesetzlich zusteht. Das Urlaubsgeld hingegen ist eine gesetzlich nicht vorgeschriebene freiwillige Sonderzahlung.
Anspruch auf Gratifikation
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Gratifikation ist im Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Dennoch kann sich ein solcher Anspruch auf der Basis anderer Verträge, Vereinbarungen oder Rechte ergeben. Dazu gehören unter anderem:
- Gratifikation nach Arbeitsvertrag
- Tarifvertragliche Gratifikation
- Betriebsvereinbarungen
- Betriebliche Übung (Gratifikation nach Gewohnheitsrecht)
- Gleichbehandlungsgrundsatz
Gratifikation und Gewohnheitsrecht
Durch die wiederholte Zahlung einer Sonderzulage ohne vorherige ausdrückliche Vereinbarung entsteht ein Gewohnheitsrecht. Nach einer dreimaligen Gratifikation wird die Zahlung zu einer so genannten betrieblichen Übung. Eine vertragliche Regelung im Arbeitsvertrag ist dazu nicht erforderlich. Ihre Mitarbeiter können aus der regelmäßigen Gewährung der Gratifikationen ableiten, dass diese auch dauerhaft geleistet wird. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Höhe der geleisteten Gratifikationen regelmäßig von einem Jahr zum anderen wechselt.
Beispiel: Wenn Sie drei Jahre in Folge Weihnachtsgeld in Höhe von 200 Euro ausgezahlt haben, so besteht nach Auffassung der Arbeitsgerichte einen Anspruch auf Basis der betrieblichen Übung. Die Gratifikation wird damit nach geltendem Recht nun zum Vertragsbestandteil. Das heißt, Ihre Angestellten können den Anspruch auf Weihnachtsgeld erfolgreich einklagen, sodass Sie die jährliche Gratifikation rückwirkend zahlen müssen.
Ein solches Szenario lässt sich vermeiden, indem Sie zuvor einen Freiwilligkeitsvorbehalt aussprechen. Sie können schriftlich darauf verweisen, dass die Gratifikation nur eine freiwillige einmalige Zahlung darstellt, aus der kein rechtlicher Anspruch entsteht. Ebenso besteht die Möglichkeit, eine Befristung des Anspruchs oder einen Widerrufsvorbehalt vertraglich zu vereinbaren.
Gratifikation nach Gleichbehandlungsgrundsatz
Ein Gratifikationsanspruch kann auch dann ohne vorherige ausdrückliche Vereinbarung entstehen, wenn es der Grundsatz der Gleichbehandlung fordert. Erhalten zum Beispiel alle außer fünf Ihrer Beschäftigten Sonderzahlungen ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, so verstößt dies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Beispiel: Wenn Sie jedem Mitarbeiter zum zehnjährigen Betriebsjubiläum eine Gratifikation von 500 Euro zahlen, können Sie den unliebsamen Buchhalter, den Sie kurz vor seinem Jubiläum abgemahnt haben, nicht von dieser Tradition ausschließen. In diesem Falle hat er einen Anspruch auf Gratifikation, die er vor einem Arbeitsgericht durch eine erfolgreiche Klage geltend machen kann.
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich aus mehreren juristischen Grundlagen:
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- § 612a Bürgerliches Gesetzbuch
- § 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz
- Art. 157 Abs. 3, 4 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
Ungleiche Behandlung bei Gratifikationen
Der Grundsatz der Gleichbehandlung untersagt es Arbeitgebern außerdem, bestimmte Mitarbeiter ohne eine sachliche Begründung schlechter als andere Arbeitnehmer zu stellen. Dies bezieht sich auch auf sachfremde Gruppen von Arbeitnehmern, die von Zulagen ausgeschlossen werden. Beispiel: Wenn Sie allen Mitarbeitern unter 30 Jahren Urlaubsgeld verweigern, würden Gerichte dies als Diskriminierung und Verstoß gegen das allgemeine Gleichstellungsgesetz werten.
Liegen Gründe für die ungleiche Behandlung bei der Gratifikation vor, so müssen Sie diese offenlegen. Legitime Gründe leiten sich meistens aus Zweck und der Zielsetzung der Gratifikation ab. Sollte dieser Zweck nicht bereits aus der Bezeichnung der Gratifikationsleistung hervorgehen (beispielsweise Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld), so ergibt sich der Zweck aus tatsächlichen Ansprüchen (z. B. Dienstjubiläum) oder vertraglichen Ansprüchen (z. B. Erreichen eines vereinbarten Projektziels).
Höhe der Gratifikation
Die konkrete Höhe der verschiedenen Gratifikationsarten ist aus verschiedenen Regeln abzuleiten. Dies können einzelvertragliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen sein. Als Arbeitgeber können Sie die Gratifikationshöhe grundsätzlich nach eigenem Ermessen bestimmen. Hierbei gilt es, den erwähnten Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten. Auch die Festlegung unterschiedlicher Höhen für unterschiedliche Mitarbeiter oder Arbeitnehmergruppen ist nur möglich, wenn sachliche Gründe dies gestatten. Eine typische rechtlich unproblematische Abstufung bezieht sich auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Auch Abstufungen in Abhängigkeit der Kinderzahl oder des Familienstands sind zulässig.
Wann müssen Arbeitnehmer Gratifikationen zurückzahlen?
Rückzahlung von Weihnachtsgeld
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Weihnachtsgeld ist in diesem Zusammenhang wichtig. Oftmals unterliegen Gratifikationen einer Rückzahlungspflicht, wenn ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet. Das Bundesarbeitsgericht lässt solche Rückzahlungsforderungen unter bestimmten Voraussetzungen zu. Demnach dürfen Arbeitgeber das Weihnachtsgeld als tarifvertragliche Sonderzuwendung bei Kündigung im Folgejahr zurückverlangen (Urteil vom 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17).
Mit Urteil vom 21. Mai 2003 hat das BAG außerdem Grenzwerte definiert (Az. 10 AZR 390/02). Bei Weihnachtsgeld unter 100 Euro ist eine Rückzahlungsverpflichtung ausgeschlossen. Beträgt die Sonderzuwendung mehr als 100 Euro, jedoch weniger als ein Monatsgehalt, können Sie als Arbeitgeber die Rückzahlung davon abhängig machen, dass Beschäftigte noch bis Ende des ersten Quartals des Folgejahres bei Ihnen tätig sind.
Übersteigt das Weihnachtsgeld ein Monatsgehalt so müssen Arbeitnehmer über den 31. März des Folgejahres hinaus tätig bleiben, um Anspruch auf die Sonderzulage zu haben. Gibt es eine Kündigungsfrist bis zum Quartalsende, so gilt dieser Anspruch bis zum 30. Juni. Rückzahlungsklauseln über diesen Stichtag hinaus sind nicht zulässig. Berücksichtigen Sie, dass die Wirksamkeit einer Rückzahlungsverpflichtung stets vom Einzelfall abhängt. Sie haben keinen Anspruch auf Rückzahlung, wenn keine eindeutig gefasste Rückzahlungsklausel vorliegt, die den Rückzahlungstatbestand exakt festschreibt.
Für andere Arten der Sonderzulage muss die Höhe und der Zweck berücksichtigt werden. Geht es um das Ausscheiden aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis vor einem bestimmten Stichtag, hängt der Zahlungsanspruch einer (anteiligen) Gratifikation von der getroffenen einzelvertraglichen Regelung ab. Liegt eine solche nicht vor, ist der Zweck der Gratifikation ausschlaggebend.
Gratifikation zurückzahlen bei Kündigung
Wenn die Gratifikation der Honorierung zusätzlicher Dienste gilt, besteht ein anteiliger Anspruch auf Zahlung der Gratifikation, sofern betreffende Arbeitnehmer diese Dienste vor dem Stichtag (teilweise) erbracht haben. Geht es bei der Gratifikation um eine Honorierung der Betriebstreue, kann eine fehlende Betriebstreue dazu führen, dass ein Anspruch auf anteilige Zahlung nicht mehr besteht.
Bei der Gratifikation kann es sich auch um eine Mischform handeln, die zusätzliche Dienste und die Betriebstreue belohnt. Erfüllt der betreffende Arbeitnehmer eines der beiden Zweckelemente nicht, so besteht auch kein anteiliger Anspruch mehr. Eine Ausnahme von dieser Regel wäre nur möglich, wenn eine entsprechende Quotelung vertraglich vereinbart wurde.
Wann werden Sonderzuwendungen gekürzt?
Gratifikation bei ruhendem Arbeitsverhältnis
Wenn Mitarbeiter wegen Krankheit oder Elternzeit ausfallen, oder sich in Mutterschutz befinden, dürfen Sie von Gratifikationen für die Betriebstreue (d. h. Weihnachtsgeld, Jahresbonus etc.) nicht ausgeschlossen werden. Der Anspruch bleibt auch bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis erhalten.
Anteilige Kürzungen
Falls die Bedingungen der Auszahlung im Arbeitsvertrag oder anderen Betriebsvereinbarungen abweichend geregelt werden, können hier anteilige Kürzungen vereinbart werden. Solche Klauseln sind aber häufig unwirksam.
Leistungsabhängige Boni können dagegen anteilig gekürzt werden für die Phasen der Abwesenheit. Falls der Zweck der Zulage eine Mischform ist (besondere Leistung und Betriebstreue), dann ist keine Kürzung möglich, es sei denn es gibt eine vertragliche Quotelung.