Es gibt Selbständige, die durch eine nebenberufliche Tätigkeit als Arbeitnehmer ihre Einnahmen aufbessern möchten. Ebenso gibt es Angestellte, die neben ihrem Beruf gewerblich oder freiberuflich tätig sind. Die Motive für eine nebenberufliche abhängige Beschäftigung oder eine Selbständigkeit neben dem Job können vielfältig sein und reichen von der Schaffung eines zweiten Standbeins bis hin zu Vermeidung von Arbeitslosigkeit.
Abstufung für Versicherungspflicht oft schwierig
Lange Zeit tendierten die Krankenkassen dazu, bei selbständigen Angestellten die nichtselbständige Tätigkeit als Hauptberuf anzusehen. Mittlerweile wurden aber eine Reihe neuer Empfehlungen zur Beurteilung der Hauptberuflichkeit erlassen und selbständige Angestellte können von Erleichterungen profitieren.
Egal ob die Tätigkeit als Selbständiger oder im Beschäftigungsverhältnis überwiegt – beide Personengruppen haben häufig Schwierigkeiten ihre Krankenversicherung betreffend. Die Unterscheidung, ob der Versicherungsträger sie als Arbeitnehmer oder Selbständiger bewertet oder nicht, oft nicht ohne weiteres möglich ist. Für die Krankenkassen ist diese Abgrenzung jedoch wichtig, um festzustellen, ob Selbständige als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind oder sich privat krankenversichern dürfen. Die Abstufung fällt besonders schwer, da das Sozialversicherungsrecht keine rechtliche Definition für die Kriterien zur Bewertung einer hauptberuflichen Selbständigkeit bietet. Somit steht diese Entscheidung den Krankenkassen frei, die ihre jeweils eigenen Kriterien haben, um eine Versicherungspflicht zu bewerten.
Selbständig und angestellt: Was spricht für eine hauptberufliche Selbständigkeit?
Die genaue Einstufung, ob ein Selbständiger versicherungspflichtig ist oder nicht, fällt den Versicherungsträgern oft schwer. Die Krankenkassen betrachten unter anderem den „zeitlichen Aufwand” und den „Anteil der Arbeitseinkünfte durch das Angestelltenverhältnis”. Der Mittelpunkt des Erwerbsleben und die wirtschaftliche Relevanz sind für die Zuordnung zu Haupt- oder Nebentätigkeit entscheidend: Hauptberuflich selbständig sind demnach Personen, deren selbständige Tätigkeit den Mittelpunkt des Erwerbslebens darstellt, also das Arbeitseinkommen und der Aufwand der selbständigen Tätigkeit die der abhängigen Beschäftigung deutlich überwiegen. Die nebenberufliche, abhängige Beschäftigung ist für die Person demzufolge wirtschaftlich nicht so relevant wie die selbständige Tätigkeit. Überschreitet die selbständige Tätigkeit die angestellte um jeweils mindestens 20 Prozent pro Kriterium, kann generell – laut AOK – von einer hauptberuflichen Selbständigkeit ausgegangen werden. Diese 20 Prozent sind allerdings kein starrer Wert, sondern dienen lediglich der Orientierung.
Selbständige mit Mitarbeitern
Sobald ein mindestens geringfügig Beschäftigter eingestellt ist und der Selbständige als Arbeitgeber fungiert, kann und darf nicht generalisierend von einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden – ganz unabhängig vom persönlichen Arbeitseinsatz. Die Anstellung eines oder mehrerer Mitarbeiter stellt jedoch ein Indiz für den Umfang der hauptberuflichen Selbständigkeit dar. Bei mehreren Mitarbeitern wird der Verdienst als Faktor für den Umfang der selbständigen Tätigkeit summiert.
Für Selbständige ohne Angestellte werden primär Umfang und Einkommen, zur genaueren Beurteilung verwendet, ob eine hauptberufliche Selbständigkeit vorliegt.
Staatliche Zuschüsse für Selbständige
Wer gilt als hauptberuflich selbständig?
Damit Personen als hauptberuflich Selbständige gelten, müssen sie eines der folgenden Kriterien erfüllen:
- Als Freiberufler oder Gewerbetreibende widmen sie mehr als 30 Wochenstunden der selbständigen Tätigkeit und erzielen dadurch mindestens 50 Prozent ihres Einkommens.
- Sie sind mehr als 20, aber weniger als 30 Wochenstunden selbständig tätig und erzielen damit mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung: 2024 liegt der Wert bei 1.767,50 Euro
- Der Zeitaufwand der selbständigen Tätigkeit beträgt maximal 20 Wochenstunden und das Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit beträgt 75 Prozent der monatlichen Bezugsgröße.
Trifft eines der oben genannten Kriterien zu, gilt die betroffene Person für die Krankenkassen als hauptberuflich selbständig und unterliegt somit nicht der Versicherungspflicht. Für geringfügig Beschäftigte im Nebenberuf gilt bei den Krankenkassen eine Orientierungsgrenze von 20 Wochenstunden, bis zu der sie noch als hauptberuflich Selbständige gelten. Nebenberuflich selbständig ist für die Krankenkassen also nur, auf wen keins der oben genannten Kriterien zutrifft.
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Vermutungsregelung: Annahme einer hauptberuflichen Selbständigkeit
Für Selbständige, die einer nebenberuflichen, abhängigen Beschäftigung nachgehen, gilt seit 2015 die sogenannte Vermutungsregelung: Für Freiberufler und Gewerbetreibende, die mindestens 20 Wochenstunden für ihre nebenberufliche Tätigkeit aufwenden und deren Arbeitseinkünfte mindestens 50 Prozent der monatlichen Bezugsgröße entsprechen, gilt folgende widerlegbare Vermutung: Eine hauptberufliche Selbständigkeit wird ausgeschlossen unter der Annahme, dass für eine hauptberuflich selbständige Tätigkeit einfach keine Zeit mehr bleibt.
Umgekehrt wird bei Angestellten, die weniger als 18 Wochenstunden arbeiten und deren Einnahmen mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße betragen, angenommen, dass es sich um eine hauptberufliche Selbständigkeit handelt.
Der Vermutung, dass eine hauptberufliche Selbständigkeit vorliegt, können Selbständige (erfolgreich) widersprechen, wenn sie das Gegenteil belegen können.
Lässt sich die hauptberufliche Selbständigkeit weder anhand der oben genannten Grundannahmen oder der Vermutungsregelung eindeutig bestimmen, muss eine sogenannte Gesamtschau erfolgen. Im Rahmen einer Gesamtschau werden die wirtschaftliche Bedeutung und der zeitliche Aufwand der Erwerbstätigkeiten gegenübergestellt, um festzustellen, ob die selbständige Tätigkeit deutlich überwiegt. Für die Prüfung der wirtschaftlichen Bedeutung werden außerdem das Arbeitseinkommen und das Arbeitsentgelt miteinander verglichen.
Hauptberuflich selbständig, nebenberuflich angestellt: Versicherungspflicht oder nicht?
Wer neben der hauptberuflichen Selbständigkeit noch eine weitere nebenberufliche Tätigkeit ausübt, ist grundsätzlich sozialversicherungsfrei. Hauptberuflich Selbständige sind zwar sozialversicherungsfrei, jedoch nicht zwingend von der Rentenversicherung ausgeschlossen: eine Rentenversicherungspflicht kann bei einigen Selbständigen eintreten.
Für hauptberuflich Selbständige ist es aufgrund des nebenberuflichen Beschäftigungsverhältnisses nicht möglich von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche zu wechseln.
Ebenso können sich nebenberuflich Selbständige, deren angestellte Tätigkeit überwiegt, nicht in die private Krankenversicherung wechseln. Dies hat den Vorteil, dass sie nur als Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen.
Hauptberuflich selbständig, nebenberuflich angestellt: Sozialversicherung
Da die Krankenversicherung für Selbständige teurer sein kann als die gesetzliche Krankenversicherung für Arbeitnehmer, haben besonders sparsame Selbständige in der Vergangenheit einen in der Übergangszone (Midi-Job) zwischen 538,01 Euro und 2.000 oder eine ähnliche Tätigkeit knapp oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze aufgenommen. Der Zweck des Midi-Jobs war es von einem kostengünstigen Versicherungsschutz zu profitieren. Durch die Neuregelung der Kriterien für die Einstufung der hauptberuflichen Selbständigkeit will der Gesetzgeber verhindern, dass Selbständige sich unberechtigt einen vergünstigten Versicherungsschutz erschleichen. Heute profitieren sie von der Befreiung der Sozialversicherungsbeiträge, indem sie hauptberuflich selbständig sind.
Hauptberuflich selbständig und Minijob
Wenn Sie neben Ihrer hauptberuflichen Selbständigkeit einen Minijob ausüben, sollten Sie beachten, dass ein Minijob, der beim vorherigen Vollzeit-Arbeitgeber ausgeübt wird, den Verdacht einer Scheinselbständigkeit erwecken kann. Dies gilt es als Selbständiger zu vermeiden, da Scheinselbständigkeit nicht legal ist.
Mit einem Minijob neben der Selbständigkeit profitieren Gewerbetreibende und Freiberufler davon, dass der Arbeitgeber des Minijobbers die pauschale Einkommensteuer übernimmt einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag. Selbständige geben die Einnahmen aus dem Minijob auf ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung an. Für Selbständige kann der Minijob weiterhin noch sozialabgabenfrei sein, indem sie den Verzicht auf die Rentenversicherungspflicht erklären. Der Minijob ist ebenfalls versicherungsfrei bezüglich Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. So ist eine einfache Aufstockung des selbständig erwirtschafteten Einkommens ermöglich. Dies kann besonders am Anfang der Selbständigkeit von Vorteil sein.