Insolvenzverschleppung bei GmbH, AG und UG: Was tun?

Eine Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn ein Unternehmen versäumt, fristgerecht einen Insolvenzantrag zu stellen. In Deutschland ist die Insolvenzverschleppung strafbar. Welche Schritte nötig sind, um eine Insolvenzverschleppung zu vermeiden und welche Strafen für Geschäftsführer drohen, die eine Insolvenz zu spät anmelden, lesen Sie hier.

 

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Wann liegt eine Insolvenz vor?

Es kann vorkommen, dass ein Unternehmen trotz guter Planung nicht so läuft wie geplant. Durch ausbleibende Zahlungen oder getätigte Investitionen entsteht ein Liquiditätsengpass, der zu einer drohenden oder akuten Zahlungsunfähigkeit führt. Im schlimmsten Fall liegt bereits eine Überschuldung vor. Alle drei Ereignisse sind Insolvenzgründe, die eine sofortige Reaktion der Geschäftsführung verlangen: Wird ein Insolvenzgrund festgestellt, muss der Geschäftsführer umgehend prüfen, ob eine Insolvenz bereits unumgänglich ist. Dieser Zeitpunkt wird als Insolvenzreife bezeichnet. Laut aktueller Rechtsprechung wird bei Start-ups  eine Überschuldung unter Umständen anders bewertet.

 

Wann liegt eine Insolvenzverschleppung vor?

Ab dem Eintreten der Insolvenzreife hat der Geschäftsführer grundsätzlich drei Wochen Zeit, einen Insolvenzantrag zu stellen. Wenn der Geschäftsführer die drohende oder gar bereits eingetroffene Insolvenz nicht rechtzeitig erkennt, prüft und meldet, hat er laut Gesetz “schuldhaft gezögert”. In diesem Fall liegt eine strafbare Insolvenzverschleppung vor.

Prüfung der Insolvenz

Der Zeitraum von drei Wochen gilt nicht immer: Er darf nur ausgeschöpft werden, wenn bis zum Ablauf der Frist eine finanzielle Erholung des Unternehmens zu erwarten ist. Die Prüfung der Unternehmenssituation muss durch die Offenlegung der gesamten Vermögensverhältnisse geschehen. Dabei muss der Geschäftsführer die Hilfe und den Rat einer fachlich qualifizierten Person in Anspruch nehmen, wenn er oder sie selbst nicht die notwendigen Kenntnisse besitzt.

Unbemerkte Insolvenz oder fehlerhafter Insolvenzantrag

Besonders beim Thema Insolvenz schützt Unwissenheit nicht vor einer Strafe. Das bedeutet, dass auch im Falle einer bereits eingetretenen, aber unbemerkten Insolvenz eine Insolvenzverschleppung vorliegt. Gleiches gilt, wenn der Insolvenzantrag zwar fristgerecht gestellt wurde, aber inhaltliche oder formelle Mängel enthält.

Eine Insolvenzverschleppung ist die Nichtantragsstellung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, obwohl die Zahlungssituation des Unternehmens bekannt ist.

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Wer muss den Insolvenzantrag stellen?

Gemäß § 15a der Insolvenzordnung (InsO) müssen die “Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler” die Insolvenz anmelden.  Für die verschiedenen Rechtsformen bedeutet das konkret:

  • Geschäftsführer von GmbH, UG und oHG
  • Vorstand einer AG

Personengesellschaften oder Einzelunternehmen sind von dieser Regelung ausgenommen. Hier müssen die Inhaber keine Regel-, sondern eine Privatinsolvenz anmelden.

 

Wer haftet für eine Insolvenzverschleppung?

In den meisten Fällen der Nichteinreichung des Insolvenzantrags haftet der Geschäftsführer des Unternehmens, da es zu seinen Pflichten gehört, die Liquidität des Unternehmens zu überwachen. Einem Kapitalverlust muss also entgegengesteuert werden – und zwar nicht erst, wenn eine Zahlungsunfähigkeit eintritt.

Haftung bei einer Gesellschaft ohne Geschäftsführer

Ein alleiniger Geschäftsführer darf sein Amt nicht zur Unzeit niederlegen, also beispielsweise nicht, wenn eine Unternehmenskrise unmittelbar bevorsteht. Als Krise gilt insbesondere eine drohende Insolvenz. Sollte es allerdings bereits im Vorfeld zu einer Amtsniederlegung der Geschäftsführung gekommen sein, kann immer noch die sogenannte Nachhaftung greifen: Wird während des Insolvenzverfahrens deutlich, dass die Insolvenz durch Handlungen der ehemaligen Geschäftsführung verursacht wurde, kann auch nach dem Austritt aus der Gesellschaft ein Haftungsanspruch geltend gemacht werden. Für die verbleibenden Gesellschafter gilt: Gibt es keine Geschäftsführung, geht die Insolvenzantragspflicht auf sie über. Im Fall einer verschleppten Insolvenz haften nun die Gesellschafter für die vorliegende Insolvenzverschleppung.

Haftung des „abwesenden” Geschäftsführers

Die oben genannten Sonderregelungen gelten nicht, wenn der Geschäftsführer unerreichbar (z. B. unbekannt vorzogen) ist, aber sein Amt nicht offiziell niedergelegt hat. Hier verbleibt die Haftung bei ihm und geht nicht auf die Gesellschafter über. Hierdurch kann für das Unternehmen eine missliche Lage entstehen. Diese rechtliche Zwickmühle wird häufig von betrügerischen Firmenbestattern ausgenutzt: Ein neuer “Strohmann”-Geschäftsführer wird bestellt und verlässt das Unternehmen in der Krise ohne Niederlegungserklärung. So verbleibt die Haftung bei ihm und die übrigen Gesellschafter können nicht für die finanzielle Haftungsansprüche herangezogen werden.

 

Insolvenzverschleppung – Welche Strafen drohen?

Kommt der Geschäftsführer einer Gesellschaft seiner Insolvenzantragspflicht nicht nach, droht ihm gemäß § 15a Abs. 4 und 5 InsO eine Geldstrafe oder unter Umständen sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Das Strafmaß ist abhängig davon, ob es sich um eine vorsätzliche oder eine fahrlässige Insolvenzverschleppung handelt. Letztere wird vom Gesetzgeber milder bestraft – mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Bei einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung werden Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verhängt. Außerdem muss die Geschäftsführung mit einer Anzeige wegen Betrugs, Untreue oder Unterschlagung rechnen.

Die Haftung schließt auch Schadensersatzansprüche gegenüber Gläubigern des Unternehmens mit ein. Auch hier können die Verantwortlichen rechtlich belangt werden: Falls eine Insolvenzverschleppung nachgewiesen wird, haftet der Geschäftsführer mit dem privaten Vermögen für alle Kapitalverluste, ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife.

Personen, die aufgrund einer Insolvenzstraftat verurteilt werden, dürfen innerhalb der nächsten fünf Jahre nach Verurteilung nicht mehr als Vertretungsorgan einer juristischen Person bestellt werden (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 Nr. 3 AktG).

 

Wie kann eine Insolvenzverschleppung vermieden werden?

Geschäftsführer (und auch Gesellschafter) sollten stets darüber informiert sein, wie es um ihr Unternehmen bestellt ist, um in Krisenzeiten schnell reagieren zu können. Stellen Sie als Geschäftsführer eine drohende Insolvenz in Ihrem Unternehmen fest, gilt es, möglichst schnell zu handeln. Obwohl eine Insolvenz in einigen Fällen abgewendet werden kann, sollten Sie nicht darauf vertrauen und lieber rechtzeitig einen Antrag stellen. Nur mit einem Insolvenzantrag innerhalb von drei Wochen stellen Sie sicher, dass Sie nicht wegen einer Insolvenzverschleppung belangt werden können. Geschäftsführer sollten durch strategisches Monitoring sicherstellen, dass die Finanzen des Unternehmens zu keinem Zeitpunkt in eine Schieflage geraten.

 

Nach dem Insolvenzantrag: Was passiert mit der Gesellschaft während des Insolvenzverfahrens?

Ein Antrag auf Insolvenz führt grundsätzlich dazu, dass die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beginnt. Es muss geprüft werden, ob eine Insolvenzverschleppung vorliegt, ob durch eine Liquidation ausstehende Zahlungen beglichen werden können und wie es generell um die finanziellen Verhältnisse des Unternehmens bestellt ist. Leider werden im Rahmen solcher Ermittlungen häufig noch weitere Delikte aufgedeckt: Vernichtung von Buchführungsdaten, Beiseiteschaffen von Vermögen aus der Insolvenzmasse oder das vorsätzliche Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen. Dies kann zusätzlich zum Insolvenzverfahren immensen Druck auf die Geschäftsführung ausüben.

Wie das weitere Verfahren bei einer Regelinsolvenz aussieht, erfahren Sie im Artikel zum Thema.

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