Ordentlich zu kündigen bedeutet, dass die relevante Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Alle weiteren Voraussetzungen ergeben sich aus dem Kündigungsschutzgesetz. Damit die Kündigung wirksam bleibt, sollten Sie die Antworten auf die folgenden Fragen kennen.
Was ist eine ordentliche Kündigung?
Eine ordentliche Kündigung ist die reguläre Form, wenn ein Arbeitsverhältnis einseitig beendet werden soll. Sie kann entweder vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Ordentlich heißt in diesem Zusammenhang „unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist”. Die Partei, die kündigt, muss sich an die gesetzlichen oder im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfristen halten. Deshalb endet das Beschäftigungsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung nicht sofort, sondern wird bis zum Ablauf der Frist fortgesetzt.
Der Gegensatz zu einer ordentlichen ist die außerordentliche Kündigung. „Außerordentlich” meint in diesem Zusammenhang, dass die Kündigungsfristen, die für das Arbeitsverhältnis gelten, oder ein Sonderkündigungsschutz nicht greifen. Die bekannteste Form der außerordentlichen Kündigung ist die fristlose Kündigung, die sofort wirksam ist.
Schnelle Fakten
Kündigungsfrist |
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Form |
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Angabe des Kündigungsgrunds |
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Gesetzliche Regelung | § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) |
Welche Gründe können eine ordentliche Kündigung rechtfertigen?
Gilt der allgemeine Kündigungsschutz in einem Unternehmen, ist eine ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers nur dann möglich, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Unabhängig von der Begründung liegt die Beweislast für zur Kündigung führende Umstände immer beim Arbeitgeber. Das deutsche Recht sieht drei Gruppen von Gründen vor, mit denen Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können:
- personenbedingte Gründe
- verhaltensbedingte Gründe
- betriebsbedingte Gründe
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Personenbedingte ordentliche Kündigung
Kann ein Arbeitnehmer seine vertraglich vereinbarte Leistung aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten oder Eigenschaften nicht mehr oder nur noch im geringeren Maße erbringen, kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Jede personenbezogene Kündigung muss mehrere Voraussetzungen erfüllen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers liegt und somit nicht veränderbar ist. Deshalb ist in der Regel keine Abmahnung vorab nötig, um die Wirksamkeit sicherzustellen.
Typische Fälle | Urteile des Bundesarbeitsgerichts |
Langfristige oder wiederholte Krankheitsausfälle (krankheitsbedingte Kündigung) | Urteil vom 10.06.2010 Az. 2 AZR 1020/08 Urteil vom 08.11.2007 Az. 2 AZR 292/06 |
Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, die langfristig negative Auswirkungen auf das Unternehmen hat
Verüben einer Straftat, aufgrund derer erkennbar ist, dass Mitarbeiter sich für die für ihn vorgesehene Tätigkeit nicht eignet |
Urteil vom 24.03.2011 Az. 2 AZR 790/09 |
Arbeitsverweigerung aus Gewissens- oder Glaubensgründen | Urteil vom 24.02.2011 Az. 2 AZR 636/09 |
Verhaltensbedingte ordentliche Kündigung
Anders als bei personenbedingten Kündigungsgründen geht die Rechtsprechung davon aus, dass Arbeitnehmer ihr Verhalten steuern und somit verändern können. Daher ist mindestens eine Abmahnung im Vorfeld einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung üblich. Die Hauptvoraussetzung für ihre Wirksamkeit ist, dass eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen für den Arbeitgeber nicht zumutbar und keine Besserung des Fehlverhaltens in Aussicht ist.
Typische Fälle | Urteile des Bundesarbeitsgerichts |
Wiederholte Minderleistung | Urteil vom 03.06.2004 Az. 2 AZR 386/03 |
Arbeitsverweigerung | Urteil vom 22.10.2015 Az. 2 AZR 569/14 |
Wiederholte Unpünktlichkeit | Urteil vom 16.09.2004 Az. 2 AZR 406/03 |
Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen oder Selbstbeurlaubung | Urteil vom 23.09.1992 Az. 2 AZR 199/02 |
Begehen einer Tätlichkeit | Urteil vom 06.10.2005 Az. 2 AZR 280/04 |
Wiederholte Störung des Betriebsfriedens (Beleidigung des Arbeitgebers) | Urteil vom 06.11.2003 Az. 2 AZR 177/02 |
Diebstahl von Betriebseigentum | Urteil vom 21.6.2012 Az. 2 AZR 153/11 |
Androhung oder Vortäuschung einer Krankheit/Arbeitsunfähigkeit | Urteil vom 26.08.1993 Az. 2 AZR 154/93 |
Betriebsbedingte ordentliche Kündigung
Die Durchsetzung von betriebsbedingten Kündigungen ist für Arbeitgeber in der Regel am schwierigsten. Grund dafür sind eine Reihe strengerer Voraussetzungen. Um die rechtlichen Hürden einer wirksamen Kündigung zu überwinden, muss das Unternehmen unter anderem eine Sozialauswahl vornehmen und ausschließen, dass der Mitarbeiter an eine andere Stelle im Unternehmen versetzt werden kann.
Typische Fälle | Urteile des Bundesarbeitsgerichts |
Verhältnis von Arbeitskräften zu Arbeitsvolumen wird neu festgelegt, um Personalzahl zu optimieren | Urteil vom 02.06.2005 Az. 2 AZR 480/04 |
Geschäftsführer/Geschäftsinhaber entscheiden sich dazu, Aufgaben selbst zu übernehmen, die bislang vom Personal durchgeführt wurden | Urteil vom 06.08.1987 Az. 2 AZR 559/86 |
Geschäftsaufgabe oder Auftragsstopp | Urteil vom 18.01.2001 Az. 2 AZR 514/99 |
Outsourcing bestimmter Aufgabenbereiche | Urteil vom 16.12.2004 Az. 2 AZR 66/04 |
Diese unternehmerischen Entscheidungen müssen laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem die Arbeitsverhältnisse beendet werden sollen, umgesetzt worden sein (Urteil vom 29.09.2005, Az. 2 AZR 647/04).
Welche Kündigungsfrist gilt bei einer ordentlichen Kündigung?
Die Kündigungsfrist ist der Zeitraum zwischen dem Tag, an dem die Kündigung ausgesprochen wird und dem Tag, an dem die Kündigung wirksam wird. Wenn nicht anders im Arbeitsvertrag vereinbart, gelten die gesetzlichen Fristen. Für Kündigungen durch den Arbeitgeber verändern sich die Fristen im Laufe der Zeit: Sie sind gestaffelt nach Dauer der Beschäftigung. Für Arbeitnehmer, die eigenständig kündigen, bleibt die gesetzliche Kündigungsfrist (nach Ablauf der Probezeit) immer gleich, nämlich vier Wochen. Häufig werden Mitarbeiter bis zum Eintreten der Kündigungsfrist von der Arbeitspflicht freigestellt und müssen nicht mehr im Betrieb erscheinen.
Darf jedem Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden?
Nein, denn das Arbeitsrecht schützt bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vor einer ordentlichen Kündigung. Mitarbeiter, die Sonderkündigungsschutz genießen, können daher nur durch eine außerordentliche Kündigung gekündigt werden. Zu diesen Gruppen zählen unter anderem:
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- Schwangere Mitarbeiterinnen
- Mütter bis zu vier Monate nach der Geburt
- Schwerbehinderte Beschäftigte
- Mitarbeiter, die sich in der Eltern- oder Pflegezeit befinden
- Betriebsratsmitglieder
- Auszubildende nach Beendigung der Probezeit
Eine ordentliche Kündigung ist ebenfalls nicht möglich bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen die Unkündbarkeit zusteht auf der Basis von:
- Arbeitsvertrag
- Tarifvertrag
- Betriebsvereinbarung
- Beschäftigungsdauer
- Lebensalter
Welche Unternehmen betrifft der allgemeine Kündigungsschutz?
Der allgemeine gesetzliche Kündigungsschutz hat erhebliche Auswirkungen darauf, aus welchen Gründen eine ordentliche Kündigung wirksam ausgesprochen werden kann. Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gelten für alle Unternehmen, die mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen.
Kleinbetrieb bis 2004
Dieser Schwellenwert wurde im Jahr 2004 von fünf auf zehn Arbeitnehmer angehoben. Die Anhebung hat zur Folge, dass für Mitarbeiter, die schon vor 2004 im Betrieb beschäftigt waren, eine gesonderte Regel gilt: Solange mehr als fünf dieser Alt-Arbeitnehmer noch angestellt sind, gilt für sie der gesetzliche Kündigungsschutz, auch wenn der Betrieb nach der aktuellen Regelung als Kleinbetrieb eingestuft wird. Für alle weiteren Mitarbeiter, die ab 2004 eingestellt wurden, besteht kein Kündigungsschutz. Wie Sie die Mitarbeiterzahl berechnen, können Sie hier nachlesen.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber vor der Aussprache einer ordentlichen Kündigung?
Neben den gesonderten Voraussetzungen je nach Kündigungsgrund muss der Arbeitgeber weitere allgemeine Pflichten befolgen, um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sicherzustellen.
Prüfung der Verhältnismäßigkeit
Wie bei einer außerordentlichen Kündigung müssen Sie als Arbeitgeber auch bei einer ordentlichen Kündigung die Verhältnismäßigkeit prüfen. Das bedeutet, dass für den individuellen Einzelfall festgestellt werden muss, ob kein milderes Mittel dazu beitragen kann, das Arbeitsverhältnis in dem Maße zu verbessern, dass eine Weiterbeschäftigung möglich ist. Gegebenenfalls muss der verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung vorausgehen.
Abwägung der Interessen beider Parteien
Bei jeder Kündigung muss der Arbeitgeber im Streitfall nachweisen, dass er eine Interessenabwägung vorgenommen hat. Dazu werden die Interessen des Unternehmens an der Beendigung und des Angestellten an der Weiterführung des Arbeitsverhältnisses gegenübergestellt.
Nur in Fällen, in denen kein milderes Mittel infrage kommt und die Interessenabwägung für den Arbeitnehmer negativ ausfällt, ist eine ordentliche Kündigung wirksam.
Information und Anhörung des Betriebsrates
Gibt es im Unternehmen eine Arbeitnehmervertretung, dann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung erst informieren und dann anhören. Beide Ereignisse müssen zwingend vor Aussprache der Kündigung stattfinden. Die Information des Betriebsrates muss nicht, sollte aber schriftlich erfolgen. Im Fall einer Kündigungsschutzklage kann das Unternehmen so nachweisen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß benachrichtigt wurde.
Bei einer ordentlichen Kündigung (im Gegensatz zu einer außerordentlichen) hat der Betriebsrat das Recht, der Kündigung innerhalb einer Woche zu widersprechen. Zudem ist der Betriebsrat berechtigt, den Kündigungsgrund und Einzelheiten zur Person zu erfahren. Diese Informationen benötigt der Betriebsrat, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung beurteilen zu können.
Schriftformerfordernis
Seit dem Jahr 2000 ist eine mündliche ordentliche Kündigung nicht mehr möglich. Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Schriftform kann vonseiten des Arbeitgebers nicht aufgehoben werden. Weder im Arbeitsvertrag noch in Betriebsvereinbarungen kann bestimmt werden, dass eine ordentliche Kündigung mündlich erfolgen kann. Ebenso unwirksam ist eine elektronische Übermittlung per Fax oder Mail. Andere Schikanen, die den Empfang der Kündigung betreffen, führen ebenfalls zur Unwirksamkeit des Schreibens. Das LAG Schleswig-Holstein urteilte zum Beispiel, dass der Arbeitgeber nicht davon ausgehen kann, dass sein Mitarbeiter den Briefkasten an einem Sonntag leert. Darüber hinaus muss jede Kündigung vom Arbeitgeber unterschrieben werden. Das einfache Abstempeln reicht nicht.
Bescheinigungspflicht
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Gekündigten eine Arbeitsbescheinigung auszustellen. Diese wird für die Beantragung von Arbeitslosengeld benötigt. Wird die Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber gar nicht, verspätet oder fehlerhaft ausgestellt, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet werden kann. Falls der Arbeitnehmer wegen einer fehlenden oder fehlerhaften Arbeitsbescheinigung auf Arbeitslosengeld verzichten muss, hat er die Möglichkeit den ehemaligen Arbeitgeber auf Schadensersatz zu verklagen.
Steht dem gekündigten Mitarbeiter eine Abfindung zu?
Generell ist eine Abfindung nur vorgesehen, wenn sie vorab vertraglich vereinbart wurde. Arbeitgeber haben allerdings die Möglichkeit, Arbeitnehmern eine Abfindungssumme im Kündigungsschreiben anzubieten, wenn diese von einer Kündigungsschutzklage absehen. Wie hoch diese Abfindung ausfallen muss, ist im Kündigungsschutzgesetz geregelt (§ 10 Abs. 3. KSchG).