Ein Arbeiter klagt, da ihm die Arbeitszeit, die er mit rauchen verbrachte, abgezogen wird. Ist diese Klage gerechtfertigt oder ist es unfair gegenüber Nichtrauchern, wenn Raucherpausen als Arbeitszeit angerechnet werden? Das Landesgericht Nürnberg fällt eine Entscheidung.
Raucherpausen von der Arbeitszeit abziehen?
Viele Jahre lang bezahlte der Arbeitgeber die Raucherpausen seiner Mitarbeiter. Doch damit sollte nun Schluss sein. Um eine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter zu gewährleisten verlangte der Arbeitgeber, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen „ausgestempelt” wird.
Betriebsvereinbarung beendet bezahlte Raucherpausen
Nachdem die neue Betriebsvereinbarung in Kraft getreten ist, wonach Raucherpausen nicht mehr bezahlt werden, wurden einem Mitarbeiter folgende Arbeitszeiten abgezogen: Für den Monat Januar 2013 wurden 210 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet (Fehlbetrag: 44,41€ brutto). Für den Monat Februar wurden 96 Minuten (Fehlbetrag: 20,30€ brutto) und für März 572 Minuten (Fehlbetrag: 120,96€ brutto) für Raucherpausen abgezogen.
Raucherpausen während der Arbeitszeit: keine betriebliche Übung
Der Mitarbeiter erhob Klage zum Arbeitsgericht Würzburg und verlangte das abgezogene Gehalt zurück. Dabei stützt er sich auf betriebliche Übung.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg gab allerdings dem Arbeitgeber recht. Auch wenn der Arbeitgeber während sogenannten Raucherpausen, für die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weiterzahlte, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstehe nicht (Urteil vom 05.08.2015, Az. 2 Sa 132/15). Eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei nicht erkennbar. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht vor.
Ungleichbehandlung durch Raucherpausen
Nach dem Vorbringen des Klägers hielten die Arbeitnehmer die Arbeitsleistung pro Tag durchschnittlich 60 – 80 Minuten zurück. Dass dies sanktionslos erfolgt sei, ändere nichts daran, dass die Inanspruchnahme der Raucherpausen während der Arbeitszeit eigenmächtig geschehen sei und eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis darstelle. Hinzu komme, dass die Gewährung bezahlter Pausen bei Rauchern sich gegenüber Nichtrauchern des gleichen Betriebes als Ungleichbehandlung darstelle.
Betriebliche Übung hat nichts mit rauchen zu tun
Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe schließen können, ihnen soll eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Ein Beispiel dafür wäre eine Gratifikation für das Betriebsjubiläum. Hier lag aber schon keine regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen vor. Jeder Mitarbeiter hat jeden Tag unterschiedlich von der Fortzahlung des Entgelts für Raucherpausen profitiert. Eine gleichförmige Gewährung bezahlter Raucherpausen mit bestimmter Dauer ist damit gerade nicht verbunden.
Ein Vertrauen der Raucher auf Beibehaltung der Bezahlung der Raucherpausen konnte auch deshalb nicht entstehen, da dies offensichtlich zu einer Ungleichbehandlung mit den Nichtrauchern führte. Diese müssen für das gleiche Geld, nämlich die tarifgerechte Bezahlung, im Schnitt über zehn Prozent mehr Arbeitsleistung erbringen als die Raucher.