Was bedeutet eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag?
Eine Vertragsstrafe oder Konventionalstrafe kann laut Bürgerlichem Gesetzbuch Bestandteil eines Arbeitsvertrages sein (§ 340 BGB). Mit der Vertragsstrafe ahndet der Arbeitgeber einen vom Arbeitnehmer begangenen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag. Dazu wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Vertragsverletzung zur Zahlung einer Geldsumme verpflichtet wird. Solche Vertragsverstöße liegen immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag festgeschriebene Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.
Vorteile für den Arbeitgeber
Aus Sicht des Arbeitgebers hat eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag eine doppelte Zielrichtung. Durch Vertragsstrafen sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht verletzt oder sich sogar aus dem Vertrag löst. Außerdem kann sich der Arbeitgeber im Falle einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers unkompliziert und schnell einen finanziellen Ausgleich verschaffen, da ein konkreter Schaden nicht nachgewiesen werden muss. Ohne eine vereinbarte Vertragsstrafe könnte der Arbeitgeber zwar auch gegen den Arbeitnehmer vorgehen, indem er ihn auf Schadenersatz verklagt, doch der Rechtsweg nimmt dann mehr Zeit in Anspruch.
Umfang der strafbaren Verstöße
Unter Strafe können verschiedene Verstöße gegen die Inhalte des Arbeitsvertrages stehen, wie z. B. Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Herausgabe von Firmeneigentum, Tätigkeit für einen Wettbewerber, unzulässige Nebentätigkeit etc. Ist eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag vereinbart, muss diese grundsätzlich den Bestimmungen des Gesetzgebers oder denen eines vorhandenen Tarifvertrags genügen. Gleichzeitig müssen die Klauseln zur Strafe mögliche Betriebsvereinbarungen berücksichtigen.
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Wann finden Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag Anwendung?
Verhalten sich Arbeitnehmer vertragsbrüchig, müssen sie in der Regel einen bestimmten Geldbetrag als Vertragsstrafe an das Unternehmen entrichten.
Beispiele für vertragsbrüchiges Verhalten des Arbeitnehmers:
- Wenn Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag nicht antreten: Ein Arbeitnehmer tritt weder am ersten Arbeitstag noch an irgendeinem anderen Tag seine Beschäftigung an.
- Bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist: Ein Arbeitnehmer beendet das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf seine vertraglichen oder gesetzlichen Fristen.
- Bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht: Ein Arbeitnehmer verrät Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse an Unbefugte.
- Verstoß des Arbeitnehmers gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot: Verstößt der Arbeitnehmer gegen das im Arbeitsvertrag wirksam vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot, ist im Zusammenhang mit einer Vertragsstrafe das doppelte Formerfordernis des § 74 Abs. 1 HGB (Handelsgesetzbuch) zu beachten. Danach muss die Wettbewerbsabrede schriftlich erfolgen. Das bedeutet, dass das Vertragswerk von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss. Außerdem muss dem Arbeitnehmer eine unterschriebene Urkunde mit allen Vereinbarungen im Original ausgehändigt werden. Wird die Schriftform nicht eingehalten, führt das zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots.
Bei diesen und anderen explizit im Arbeitsvertrag aufgeführten Pflichten muss ein Arbeitnehmer mit einer Vertragsstrafe rechnen. Hier finden Sie außerdem, was Sie zu ungültigen Klauseln wissen sollten.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen
Vertragsstrafen im Arbeitsrecht sind grundsätzlich zulässig, jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Es muss ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse vorliegen, die Vertragsstrafe muss dem Bestimmtheitsgebot und dem Transparenzgebot genügen, sie darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen und ihre Höhe muss angemessen sein.
Vorliegen eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses
Eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran hat. Dies ist der Fall, wenn dem Unternehmen durch die Vertragsverletzung seitens des Arbeitnehmers ein erheblicher Schaden droht und wenn sich der Schaden nur schwer beweisen lässt. Zweifelsfrei besteht ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsstelle nicht antritt, gegen ein Wettbewerbsverbot oder gegen die Geheimhaltungspflicht verstößt oder das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet.
Transparenzgebot und Bestimmtheitsgebot
Die Pflichtverletzung, die eine Vertragsstrafe auslöst, muss konkret und bestimmt im Arbeitsvertrag aufgeführt werden. Das Transparenzgebot schreibt vor, dass eine Vereinbarung stets klar und verständlich sein muss (§ 307 BGB). Dieses Gebot schließt das sogenannte Bestimmtheitsgebot mit ein. Jenes gibt vor, dass sowohl die Pflichtverletzung als auch die Vertragsstrafe im Vertrag konkret genannt werden müssen, so dass möglichst kein Interpretationsspielraum entsteht. Viele Formulierungen sind wegen des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot nicht wirksam, beispielsweise „im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes“. Bei Geldstrafen ist deren Höhe grundsätzlich explizit zu nennen.
Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
Die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Vertragsstrafe darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Das bedeutet, dass sie nicht gegen Gesetze oder tarifvertragliche Regelungen verstoßen, oder einer gültigen Betriebsvereinbarung entgegenstehen darf.
Angemessene Höhe der Vertragsstrafe
Die Höhe der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag muss angemessen sein. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber lediglich berechtigte Interessen absichern darf. Die Höhe der Vertragsstrafe ist gesetzlich nicht normiert. Stattdessen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die an den jeweiligen Sachverhalt angepasst und im Zweifel einer gerichtlichen Prüfung standhalten muss.
Vertragsstrafen in Formularverträgen
Formularverträge sind Musterverträge, die einseitig formulierte Vertragsbedingungen enthalten und die es für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften gibt. Dazu gehört auch der Formularvertrag im Arbeitsrecht. Rechtlich werden Formularverträge nach § 305 Abs. 1 BGB als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) behandelt. Das bedeutet, dass die vorformulierten Bestimmungen nicht in den Arbeitsvertrag selbst aufgenommen werden müssen, sondern ein gesonderter Bestandteil des Arbeitsvertrags sind. Das hat zur Folge, dass Vereinbarungen über Vertragsstrafen in Formularverträgen zwei wichtige Voraussetzungen erfüllen müssen:
Klare Kenntlichmachung
Die Klauseln über Vertragsstrafen dürfen nicht im Kleingedruckten versteckt sein. Stattdessen müssen sie deutlich erkennbar sein. Auf der sicheren Seite sind Arbeitgeber, wenn sie die entsprechenden Klauseln mit einer unmissverständlichen Überschrift versehen und sie so als Klausel über Vertragsstrafen kenntlich machen.
Eindeutige Formulierung
Die Klausel muss klar und unmissverständlich formuliert sein. Es reicht nicht aus, irgendein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers mit einer generellen Vertragsstrafe zu ahnden. Stattdessen muss exakt die Pflichtverletzung aufgeführt sein, die zu einer ganz bestimmten Vertragsstrafe führt. Nur so können Arbeitnehmer zweifelsfrei erkennen, welche konkrete Handlung eine Vertragsstrafe nach sich zieht.
Darüber hinaus müssen alle weiteren und bereits beschriebenen Voraussetzungen einer Vertragsstrafe im Arbeitsrecht erfüllt sein.
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Höhe der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag
Die Klausel zur Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag sind immer dann unwirksam sein, wenn sie unklare Formulierungen enthalten, insbesondere zur Höhe der Geldsumme, die der Arbeitnehmer bei vertragswidrigem Verhalten zahlen muss. Sie darf der Höhe nach nicht unangemessen sein und den Arbeitnehmer insoweit nicht benachteiligen. Das heißt, dass das vom Arbeitgeber geforderte Verhalten im Verhältnis zu der im Arbeitsvertrag genannten Vertragsstrafe stehen muss. Eine pauschale Antwort auf die Frage, wie hoch die Vertragsstrafe üblicherweise ist, gibt es nicht. Entscheidend ist immer der Einzelfall, wobei einige Faktoren stets als Indikatoren für die Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe herangezogen werden:
1. Bruttomonatsverdienst
Als Faustregel gilt, dass die Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag das vereinbarte Bruttomonatsgehalt nicht übersteigen sollte. Überschreitet sie diese Grenze, ist der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.
Eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts beeinträchtigt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn er sich mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vom Arbeitsvertrag lösen könnte, zum Beispiel wenn eine Probezeit vereinbart wurde. In diesem Fall ist die Vereinbarung der Vertragsstrafe unwirksam, eine Herabsetzung ist nicht zulässig. Bei einer Kündigungsfrist von einem Monat ist die Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt als Maßstab geeignet.
2. Höhe des verursachten Schadens
Verstößt der Arbeitnehmer gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, orientiert sich die Höhe der Vertragsstrafe neben dem Bruttomonatsverdienst des Arbeitnehmers an der Höhe des Schadens, der dem Arbeitgeber durch das wettbewerbswidrige Verhalten entstanden ist. Macht sich ein Außendienstmitarbeiter selbständig oder wechselt zur Konkurrenz und nimmt einige Kunden mit, darf die Vertragsstrafe höher ausfallen.
3. Kündigungsfrist
Die Vertragsstrafe für beispielsweise einen Unternehmensaustritt sollte die Höhe des Entgelts berücksichtigen, das der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bekommen hätte. Beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen, darf der Arbeitgeber als Vertragsstrafe nicht das gesamte Bruttogehalt verlangen, sondern lediglich die Hälfte. Ansonsten wäre der Arbeitnehmer nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts benachteiligt (Urteil vom 4.3.2004, Az. 8 AZR 344/03).
BAG-Urteil: Unwirksame Vertragsstrafen
Wann eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag unwirksam ist, verdeutlicht ein neueres Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24.8.2017, Az. 8 AZR 378/16): Hier wurde von einem Arbeitnehmer, der am dritten Arbeitstag fristlos gekündigt hatte, eine Vertragsstrafe eingefordert. Laut Arbeitgeber wurde die Kündigungsfrist nicht eingehalten und für eine fristlose Kündigung lag kein wichtiger Grund vor. Derer Arbeitnehmer begründete die fristlose Kündigung damit, dass er vom Arbeitgeber über die wesentlichen Arbeitsbedingungen arglistig getäuscht worden wäre, weil die Regelungen im Arbeitsvertrag nicht hinreichend transparent formuliert waren. Im Ergebnis hatte die Revision des Arbeitnehmers als Beklagter vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg, sodass das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) aufgehoben wurde. Das heißt, dass der Arbeitnehmer keine Vertragsstrafe an den Arbeitgeber zahlen musste.
Was das BAG hier kritisierte, ist nachfolgend aufgeführt und in der Praxis für Arbeitgeber überaus hilfreich:
Wer einen Formularvertrag unter Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, muss diese klar, durchschaubar und verständlich formulieren. Gleichzeitig schließt die Transparenz eine hinreichende Bestimmtheit ein, sodass bezüglich der Vertragsstrafe kein Beurteilungsspielraum besteht. Formulierungen wie eine „Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttogehaltes“ oder in „Höhe des Bruttolohns, der im Zeitraum der Kündigungsfrist“ erreichbar ist, reichen deshalb nicht aus, da sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Umfang der tatsächlichen Leistungspflicht nicht erkennen lassen.
Fazit zur Vertragsstrafe
Unwirksam ist also eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag, wenn sie nicht transparent ist. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht hervorgehoben sowie klar und deutlich lesbar sind, sind ebenfalls nicht zulässig. Auch dürfen Arbeitgeber keine zu hohen Strafzahlungen verlangen, die unangemessen sind und das Bruttogehalt übersteigen. Wer bei der Formulierung der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag auf der sicheren Seite sein möchte, fragt einen Rechtsanwalt.