Was sind die Kriterien für sozialversicherungspflichtige Arbeit beim GmbH-Geschäftsführer?
Übt der Geschäftsführer einer GmbH eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus? Diese Frage kann der Auslöser einer abendfüllenden Diskussion unter Juristen sein. Denn hier vertreten die Arbeits- und Sozialgerichte unterschiedliche Auffassungen: Das Arbeitsgericht sieht den Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitgeber. Doch das Sozialgericht sieht in ihm einen Arbeitnehmer. Sie werden überrascht sein, welche der beiden Rechtsprechungen sich durchgesetzt hat.
Der Geschäftsführer einer GmbH muss Sozialabgaben immer dann abführen, wenn eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Dabei gilt die Regelung des vierten Sozialgesetzbuchs (§ 7 Abs.1 SGB IV). Diese Regelung besagt, dass die Tätigkeit aus nichtselbständiger Arbeit erfolgen muss. Außerdem sollte der sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in einem Beschäftigungsverhältnis stehen.
Beschäftigung definiert sich in diesem Fall als „Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“. Aus diesen sperrigen Formulierungen und Rechtsbegriffen ergeben sich keine eindeutigen Antworten. Es lässt sich nicht klar abgrenzen, ob der Geschäftsführer einer GmbH nach Weisungen arbeitet oder selbst die Strukturen vorgibt. Denn er gibt Weisungen an seine Mitarbeiter weiter, trifft Personalentscheidungen und entscheidet über Investitionen. Doch auf der anderen Seite muss der Geschäftsführer die Vorgaben der Gesellschafter umsetzen. Außerdem muss seine Rolle als Geschäftsführer berücksichtigt werden.
Wann besteht Sozialversicherungspflicht? Zwei Gerichte – zwei Auffassungen
Nach den oben genannten Kriterien sozialversicherungspflichtiger Arbeit vertreten Arbeits- und Sozialgerichte meist zwei unterschiedliche Auffassungen:
Arbeitsgericht: GmbH-Geschäftsführer hat meist keine Sozialversicherungspflicht
Bei der Entscheidung, ob jemand als Arbeitnehmer einzustufen ist, folgen die Arbeitsgerichte meistens der Auffassung, dass der Begriff „Arbeitnehmer“ mit einem sozialversicherungspflichtigen Angestellten nahezu gleichzusetzen ist. Daher wird der Geschäftsführer einer GmbH vom Arbeitsgericht nur in Ausnahmefällen als Arbeitnehmer eingestuft.
Sozialgericht: GmbH-Geschäftsführer hat Sozialversicherungspflicht
Die Entscheidungsgewalt über die Sozialversicherungspflicht liegt dennoch nicht beim Arbeitsgericht, sondern beim Sozialgericht. Sozialgerichte entscheiden häufiger, dass es sich bei der Position des Geschäftsführers einer GmbH um eine sozialversicherungspflichtige Arbeit handelt.
Sozialversicherungspflichtige Arbeit bei Geschäftsführern: Richtlinien
Folgt man der Rechtsprechung der Sozialgerichte, ergeben sich folgende Richtlinien:
Sozialversicherungspflicht für Geschäftsführer, die keine Gesellschafter sind
Bei vielen GmbHs ist der Geschäftsführer kein Gesellschafter. Die Sozialgerichte stellen bei einem Fremdgeschäftsführer zwar meistens eine Sozialversicherungspflicht fest, doch auch hier ist in der Praxis der Einzelfall entscheidend.
Sozialversicherungspflicht für „GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer”
Sollte ein „Gesellschafter-Geschäftsführer” bzw. ein geschäftsführender Gesellschafter eingesetzt werden, ist die Sozialversicherungspflicht abhängig von der Weisungsgebundenheit. Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer über mehr als 50 Prozent der Geschäftsanteile, so ist er weisungsunabhängig und somit grundsätzlich befreit von der Sozialversicherungspflicht. Besitzt er weniger als 50 Prozent, so wird im Einzelfall über eine Weisungsgebundenheit entschieden. Ist er weisungsunabhängig, so ist er befreit. Ist der Geschäftsführer an die Weisungen der Gesellschafter gebunden, so ist er sozialversicherungspflichtig.
Statusfeststellungsverfahren für Geschäftsführer einer GmbH
Über den Status eines Geschäftsführers entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 S. 2 SGV IV. Die Clearingstelle ist für die Statusfeststellungsverfahren der GmbH-Geschäftsführer zuständig.
Treffen folgende Punkte auf einen Geschäftsführer zu, wird er in der Regel als nicht sozialversicherungspflichtig eingestuft:
- Mehrheit der Unternehmensanteile (mindestens 50%) oder eine Sperrminorität
- Freie Einteilung von Arbeitszeit und -ort
- Teilhabe am Unternehmerrisiko
- Unmittelbare und alleinige Außenvertretung des Unternehmens
- Alleinige Branchen- und Fachkenntnisse
Sind folgende Punkte zutreffend, ist der Geschäftsführer in der Regel sozialversicherungspflichtig beschäftigt:
- Keine oder geringfügige Beteiligung am Kapital
- Nur begrenzte Zuständigkeiten
- Festes Jahresgehalt, das als Lohn verbucht wird
- Einbindung in die vom Betrieb vorgegebene Arbeitsorganisation
- Vereinbarung von Jahresurlaub, Überstundenvergütung und Lohnfortzahlung bei Krankheit
- Anstellung mit Anstellungsvertrag als Geschäftsführer
Krankenversicherung für GmbH-Geschäftsführer
Geschäftsführer fallen häufig bereits durch ihr Einkommen aus der Versicherungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse heraus. Ob eine gesetzliche Krankenversicherung möglich ist, sollten Sie jedoch jeweils im Einzelfall prüfen. Grundsätzlich gilt in Deutschland seit 2009 die allgemeine Krankenversicherungspflicht.
Rentenversicherungspflicht bei GmbH-Geschäftsführern
Geschäftsführer einer GmbH, die selbst auch Gesellschafter sind, mussten nach alter Rechtsprechung grundsätzlich keine Rentenversicherungsbeiträge leisten. Mittlerweile wurde die Rentenversicherungspflicht auf GmbH-Geschäftsführer ausgeweitet, die nur einen Auftraggeber haben. Rentenversicherungspflichtig ist nach neusten Gesetzen nur, wer als Geschäftsführer (arbeitnehmerähnliche Selbständige sowie selbständige GmbH-Geschäftsführer) nur einen Auftraggeber hat und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.
Entscheidungshilfe: Bin ich sozialversicherungspflichtig oder nicht?
Die folgende Flowchart kann Ihnen helfen, herauszufinden, ob Sie als GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig sind oder nicht. Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung einer Frage zur Einschätzung nicht ausreicht und dass daher alle Fragen beantwortet werden müssen, bevor Sie einschätzen können, ob eine Sozialversicherungspflicht vorliegt oder nicht.
Quelle: Techniker Krankenkasse, „Hinweise für Existenzgründer”, PDF
Beachten Sie, dass das Ergebnis der Flowchart keine garantierte Auskunft darüber geben kann, ob Sie der Sozialversicherungspflicht unterliegen oder nicht. Im Zweifelsfall und bei einem uneindeutigen Ergebnis ist eine Prüfung über die Clearingstelle einzuholen.
Die Sozialversicherungspflicht des AG-Vorstands ist häufig auch Anlass von Diskussionen. Ob dieser sozialversicherungspflichtig ist oder nicht, können Sie hier nachlesen.